Zwischen Aufbruch und Kontinuität:
Jüdische Gemeinden in Europa
Karl Pfeifer
Das von Brigitte Ungar-Klein herausgegebene Buch,
informiert über hier fast unbekannte Gemeinden wie die Türkei,
Thessaloniki, Litauen und Estland. Leider fehlen Informationen über
Bulgarien, das alle seine Juden gerettet hat und es sind nur wenige
Informationen über das ehemalige Jugoslawien enthalten, dessen Juden
durch den Zerfall sehr gelitten haben.
Was dummdreister Nationalismus bewirkt, beschreibt
Jindrich Lion: "Als bei der Tel Aviver Makkabiade 1996 die Sportler
beider Länder (Tschechische Republik und Slowakei) gemeinsam in das
Stadion einmarschieren wollten, wurden sie vom slowakischen Gesandten in
Israel daran gehindert. Die Verbindung zwischen den beiden
Gemeinschaften ist trotzdem noch sehr eng.
Aus Furcht vor den Auswirkungen des slowakischen
Antisemitismus sind viele slowakische Juden nach der Teilung des Landes
in den tschechischen Teil übersiedelt."
Ernö Lazarovits begnügt sich nicht mit der Schilderung
der positiven Entwicklung der jüdischen Gemeinden und des jüdischen
Lebens in Ungarn nach der Wende 1989, sondern setzt sich sehr prägnant
mit dem leider seither immer wieder in Erscheinung tretenden politischen
Antisemitismus auseinander.
Martha Halpert zeichnet ein optimistisches Bild von der
Lage der Juden in Österreich: "Jeder kann erleichtert aufatmen, Freund
und Feind sind erkennbar geworden". Ihre Ansicht kann ich nicht teilen,
denn wenn auch die meisten Juden nicht auf gepackten Koffern sitzen, ist
es doch interessant zu bemerken, wie viele junge Juden ins Ausland gehen
und dass die meisten jungen Juden Berufe lernen, die auch im Ausland
ausgeübt werden können.
Beeindruckend ist der "kurze Blick" von Dunja Sprajc
"auf die kroatische jüdische Gemeinde", die obwohl nur ein paar tausend
Menschen umfassend bemerkenswerte Aktivitäten entfaltet.
Interessant ist auch der Bericht von Naim Avigdor
Güleryüz über die Türkei, "ein jahrhundertealter Zufluchtsort für
Juden". Der Rezensent erinnert sich mit Dankbarkeit der Gastfreundschaft
der damals schwer leidenden, weil diskriminierten jüdischen Gemeinde in
Istanbul, die er als jüdischer Flüchtling während des Zweiten
Weltkrieges einige Tage genießen durfte.
Im Buch wird noch über folgende Länder berichtet:
England, Frankreich, Deutschland, GUS-Staaten, Polen, Rumänien. Ein
interessantes Buch über das jüdische Leben in Europa.
Brigitte Ungar-Klein (Hg)
Jüdische Gemeinden in Europa
Zwischen Aufbruch und Kontinuität
Picus Verlag, Wien 2000 - ISBN 3-85452-439-0
hagalil.com
/ 26-07-2002 |