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Gegen einen kritischen "jüdischen Journalisten":
Österreich setzt das NS-Verbotsgesetz ein

[English - To silence anti-Nazi journalist:
Austrian judiciary uses laws prohibiting Nazi activities]

"Vor dem Hintergrund der Geschichte des 20. Jahrhunderts, ist es wichtig, den Anfängen zu wehren und Artikel wie jene des Klägers aufzuzeigen und zu kommentieren."
Richter Friedrich Heigl, in seinem Urteil, mit dem er 1997 Karl Pfeifer, der von Dr. Werner Pfeifenberger geklagt wurde, freigesprochen hat. Sein Urteil wurde vom OLG Wien 1998 bestätigt.

Regierungspolitiker weisen immer wieder darauf hin, dass Österreich die strengsten NS-Verbotsgesetze habe. Doch es scheint nicht Absicht der Regierung und des ehemaligen Anwaltes von Jörg Haider zu sein, wirkliche Verharmloser des Nationalsozialismus - wie zum Beispiel Jörg Haider - in ihren Reihen zu verfolgen. Hingegen wird das Verbotsgesetz gegen diejenigen angewandt, die es wagen auf rechtsextreme Umtriebe aufmerksam zu machen. So auch gegen Karl Pfeifer.

Das besonders skandalöse an dieser Angelegenheit, der Richter Dr. Werner Röggla hat die Aussagen von Karl Pfeifer in seinem Urteil vor fünf Jahren als "wahr" qualifiziert. Im Jahr 2002 aber schreibt, der inzwischen im Oberlandesgericht Wien tätige Dr. Röggla: Karl Pfeifer hat "Prof. Pfeifenberger zunächst vorgeworfen, sein Artikel im "Freiheitlichen Jahrbuch" würde "Nazitöne" enthalten und er betreibe "die Verherrlichung der Volksgemeinschaft", was der Vorwurf nach § 3 VG ist. Dementsprechend scharf darf auch die Kritik an diesem Vorwurf (und deren Folgen) sein." Wer also, auf von Dr. Röggla noch für "wahr" befundene Nazi-Töne und Nazidiktion aufmerksam macht, der darf "dementsprechend scharf" kritisiert werden, den kann man auch beschuldigen, mit einer 1995 veröffentlichten Rezension den 2000 erfolgten Selbstmord eines Menschen verursacht zu haben.

Und die Medien schweigen dazu. Von Solidarität wird in Österreich viel 
gesprochen. Aber geübt wird diese lediglich, wenn es um ferne Länder oder um prominente geht.

Österreich setzt das NS-Verbotsgesetz gegen einen kritischen "jüdischen Journalisten" ein

Vorgeschichte: Karl Pfeifer veröffentlichte im Februar 1995 eine Rezension des "Freiheitlichen Jahrbuches 1995 und ortete in einem Beitrag "Nazitöne" und "Nazidiktion". Deswegen wurde Pfeifer vom Autor Dr. Werner Pfeifenberger mehrfach geklagt. Alle Klagen wurden 1997-98 abgewiesen.

2000 erhob die Wiener Staatsanwaltschaft gegen Dr. Pfeifenberger Anklage aufgrund des NS-Verbotsgesetzes, doch bevor es zu einem Prozeß kam, beging Pfeifenberger Selbstmord.

Am 2. Juni 2000 publizierte die Wiener Wochenzeitung "Zur Zeit" unter dem Titel "Tödlicher Tugendterror" einen Artikel, in dem der "jüdische Journalist Karl Pfeifer" beschuldigt wurde, mit seiner Rezension "eine Menschenhatz eröffnet" zu haben gegen einen "aus dem ÖVP-nahen und katholischen Umfeld" kommenden Wissenschaftler, "die in der Folge bis zum Tod des Gehetzten gehen sollte." Karl Pfeifer klagte wegen übler Nachrede und gewann in der ersten Instanz. Seine Klage wurde aber vom OLG Wien 2001 abgewiesen, weil es sich im Artikel von "Zur Zeit" "bloß" um "die Zuweisung einer moralischen Verantwortlichkeit" handelt.

Andreas Mölzer, Chefredakteur von "Zur Zeit" schrieb in einem Bettelbrief an die Bezieher im Februar 2001 u.a.: "Der langjährige Redakteur der Zeitschrift der israelitschen Kultusgemeinde Karl Pfeifer wurde aus Anlaß des Todes von Prof. Pfeifenberger in den Reihen jener Jagdgesellschaft geortet, die den konservativen Politikwissenschafter in den Selbstmord getrieben hat. Gegen Pfeifenberger sollte bekanntlich ein Gerichtsverfahren wegen NS-Wiederbetätigung wegen seiner Aussagen im "Freiheitlichen Jahrbuch 1995" eröffnet werden. Der jüdische Journalist Karl Pfeifer hatte dies als "Nazi-Töne" denunziert und damit die juristische Lawine gegen Pfeifenberger ausgelöst. Als Zur  Zeit es wagte, dies aus Anlaß des Selbstmordes aufzuzeigen, klagte Pfeifer."

Karl Pfeifer klagte erneut wegen übler Nachrede, verlor in der ersten und zweiten Instanz und das Oberlandesgericht Wien (18Bs 184/02) schloß sich im Prinzip der Argumentation von Andreas Mölzer an: Die Kernsätze im von Dr. Werner Röggla unterzeichneten Urteil - das im Oktober 2002 schriftlich vorlag - lauten: 

"Im gegenständlichen Fall hat der Privatankläger und Antragsteller [Karl Pfeifer] Prof. Pfeifenberger zunächst vorgeworfen, sein Artikel im 
"Freiheitlichen Jahrbuch" würde "Nazitöne" enthalten und er betreibe "die Verherrlichung der Volksgemeinschaft", was der Vorwurf nach § 3 VG ist. Dementsprechend scharf darf auch die Kritik an diesem Vorwurf (und deren Folgen) sein."

Ohne auf die rechtlichen Probleme dieses Urteils einzugehen, ist folgendes zu bemerken:

I) Der gleiche Richter Dr. Werner Röggla hat in seinem Urteil (Pfeifenberger gegen Pfeifer, Landesgericht für Strafsachen Wien,1997, 9bE Vr 4166/95, Hv 2466/95) mit keinem Wort das Verbotsgesetz erwähnt, sondern u.a. festgestellt: "Die in diesem Artikel [von Karl Pfeifer K.P.] enthaltenen mit fristgerechtem Strafantrag inkriminierten Behauptungen
1.) das Jahrbuch enthalte (Neo)Nazi-Töne,
2.) PFEIFENBERGER wärme die alte "Nazi-Mär von der jüdischen Weltverschwörung langatmig auf",
3.) der Autor (Privatankläger) [Pfeifenberger K.P.] lüge aufgrund von sinnwidrigen, aus dem Kontext gehobenen Zitaten und
4.) er bediene sich (in einem konkreten genannten Fall) [der] Nazidiktion sind wahr." Seite 6
"In dem Aufsatz des Privatanklägers finden sich insofern "Nazi-Töne" als eine (nicht vollständige) Übereinstimmung mit NS-Gedankengut feststellbar ist." Seite 7
"Das im Artikel von Karl PFEIFER wiedergegebene Zitat des Privatanklägers in Bezug auf Kurt Tucholsky mit dem terminus "Gastland" steht in klarer Übereinstimmung mit nationalsozialistischer Terminologie und kann als Nazi-Diktion bezeichnet werden." Seite 8

Weiter geht Dr. Röggla auf das Gutachten von Univ.Prof. Dr. Rudolf Ardelt ein und bemerkt, "daß die vom Beschuldigten gezogenen Schlüsse aus dem Aufsatz Prof. Dr. Werner PFEIFENBERGERs wahr sind" Seite 9
"Der Beschuldigte hat einen Artikel verfaßt, der über weite Strecken in  Zitaten aus einem Artikel des Privatankläger besteht. Nicht inkriminiert wurde, daß diese Zitate ihrerseits aus dem Zusammenhalt gerissen wiedergegeben oder verfälscht wiedergegeben worden sei. Der Beschuldigte beschränkt sich darauf, diese Zitate zu kommentieren und zu werten. Es ist für den Leser somit aufgrund der dargelegten Bewertungsgrundlagen (Tatsachen) die Beurteilung des Beschuldigten nachvollziehbar. Die Bewertung des Beschuldigten hat sich (sogar) als wahr erwiesen. Im Vorfeld zum Wahrheitsbeweis ist jedoch zu beurteilen, ob die geübte Kritik nicht zulässig und im Sinn des Art. 10 EMRK ist und somit die inkriminierten Textpassagen nicht tatbildlich nach § 111 StGB sind. Hier weist sich, daß von Karl PFEIFER eine auf Tatsachen basierende zulässige Kritik geübt wurde. Diese Kritik exzendiert [sic! K.P.] nicht, wie sich im Zuge des Wahrheitsbeweises ergeben hat, ganz im Gegenteil, die Vorwürfe haben sich als wahr erwiesen." Seiten 11 und 12.

II) Im Urteil des Handelsgerichtes Wien 1997(Dr. Friedrich Heigl, 35 Cg 
35/95a-21) heißt es: "Vor dem Hintergrund der Geschichte des 20. Jahrhunderts, ist es wichtig, den Anfängen zu wehren und Artikel wie jene des Klägers aufzuzeigen und zu kommentieren."

III) Das Oberlandesgericht Wien (18 Bs 7/98) hat 1998 sowohl den Freispruch des Handelsgerichts wie auch den des Landesgerichts für Strafsachen 1998 bestätigt.

IV) Es ist nicht zu akzeptieren, dass in diesen drei Urteilen in der Sache Pfeifenberger gg Pfeifer kein einziges Mal das Verbotsgesetz erwähnt wird und nun Dr. Röggla dieses heranzieht, um damit die Ablehnung der Berufung zu begründen. Auch hat Pfeifer in seiner Rezension (Die Gemeinde, 3. Feber 1995) das Verbotsgesetz nicht erwähnt, geschweige denn je eine Anklage gefordert.

V) Offensichtlich haben weder das Landesgericht für Strafsachen, noch Das Handelsgericht oder das OLG 1998 eine derartige Anklage gegen Dr. Pfeifenberger für erforderlich gehalten.

VI) Karl Pfeifer schrieb in seiner Rezension folgenden Satz: "Freilich kann die Verherrlichung der "Volksgemeinschaft" durch Pfeifenberger auch als Vorbereitung für die "Dritte Republik" und die von Jörg Haider gewünschte "Abschaffung der repräsentativen Demokratie" gesehen werden." Wenn dieser Satz wirklich "der Vorwurf nach § 3 VG ist", dann ist die Frage zu stellen, weshalb Dr. Röggla diesen Satz in seinem Urteil 1997 nicht erwähnt hat.

VII) Dr. Werner Röggla geht in seinem gegenständlichen Urteil über die Anklage der Wiener Staatsanwaltschaft gegen Dr. Werner Pfeifenberger vom 15. Februar 2000 hinaus, in der die "Verherrlichung der Volksgemeinschaft" nicht inkriminiert wurde.

K.P.

hagalil.com 11-11-02


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