Österreich:
Der völkische Volksanwalt Ewald Stadler verharmlost den
Nationalsozialismus
Von Karl Pfeifer
Ewald Stadler trauerte am 8. Mai und nahm positiv Bezug zum Antisemiten und
Neonazi Horst Mahler. Das wurde vom offiziellen Österreich nicht bemerkt. Der
völkische Volksanwalt Dr. Ewald Stadler hielt am 21. Juni eine Rede (siehe Der
Standard, 5. Juli 2002) bei einer von Barbara Rosenkranz, der Klubobfrau der FPÖ
Niederösterreich (und ihr Mann Horst Jakob Rosenkranz, der auf eine
Vergangenheit in der Neonaziszene zurückblickt) veranstalteten Sonnwendfeier,
die in Österreich Empörung aber auch Zustimmung auslöste. Ein Journalist nahm
diese Rede mit Videokamera auf und am 2. Juli zeigte ORF-Report diesen Film im
Hauptabendprogramm.
Diesmal meldete sich Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer (ÖVP) sofort zu
Wort und verurteilte diese "Verharmlosung des Nationalsozialismus". Auch
Bundespräsident Thomas Klestil nahm gegen Stadlers Rede Stellung. Die Grünen
schlugen eine außerordentliche Diskussion im Nationalrat vor, doch Heinz
Fischer, sozialdemokratischer Präsident des Parlaments ließ diese nicht zu.
Die weisungsgebundene Staatsanwaltschaft überprüft zwar diese Rede Stadlers,
doch man darf nicht vergessen, dass Justizminister Dieter Böhmdorfer ein
Gesinnungsgenosse Jörg Haiders und sein ehemaliger Anwalt ist. Jörg Haider das
war nicht anders zu erwarten verteidigte Stadler, der mehrmals die Möglichkeit
zur Stellungnahme vom ORF erhielt und seinen Standpunkt noch verschärfte und
seine Antwort an den Bundespräsidenten, in der er diesen über österreichische
Zeitgeschichte belehrte, noch im ORF publik machen konnte.
Frau Vizekanzler Riess-Passer teilt zwar nicht die Geschichtsbetrachtung ihres
Gesinnungsgenossen fordert aber nicht den Rücktritt von Stadler, dessen Rede sie
als "unvorsichtig" qualifizierte.
Die beiden anderen Volksanwälte Rosemarie Bauer (ÖVP) und Peter Kostelka (SPÖ)
haben sich in scharfen Worten von ihrem Kollegen Stadler distanziert. Ein
Volksanwalt steht in Österreich protokollarisch über einem Staatssekretär und
ist nicht absetzbar.
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat sich erst unlängst darüber beschwert, dass
seine Stellvertreterin, die auch als Sportministerin fungiert, bei einem Besuch
Israels anlässlich eines Fußballmatch Österreich-Israel nicht offiziell
empfangen wurde. Doch solange in Österreich der Nationalsozialismus öffentlich
verharmlost werden kann und dies lediglich als "Unvorsichtigkeit" beanstandet
wird, ist die Haltung Israels mehr als gerechtfertigt.
Frau Dr. Ilse Stocker ehemalige Chefin des Grazer Leopold Stocker
Verlages wurde mit dem Goldenen Ehrenzeichen der Republik Österreich
ausgezeichnet. Die rechtsextreme Grazer Monatszeitschrift "Aula"
berichtete im Mai 2002, dass die Arbeit dieser Dame heuer von der vom
deutschen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften "Deutschen
Gesellschaft für Freie Publizistik" mit dem Ulrich-von-Hutten-Preis
gewürdigt wurde. "Frau Dr.
Ilse Stocker und in ihrer Nachfolge Mag. Wolfgang Dvorak-Stocker wagten
sich schon früh ins Minenfeld der Zeitgeschichte und des sog.
"Revisionismus". Sie wurden zu Anwälten unseres geschlagenen Volkes,
stellten sich auf die Seite der Heimatvertriebenen, setzten sich für die
Ehre der Soldaten ein." (Aula, 5/2002) Wenn also diese Dame das höchste
Ehrenzeichen der Republik Österreich erhalten hat, dann ist das ein
zusätzliches Zeichen dafür, dass das offizielle Österreich keine
Schamgrenzen kennt.
hagalil.com / 11-07-2002 |