...in der mitte angekommen
kameradschaftsboom in mecklenburg-vorpommern
(Auszug
des Textes) Die
"Freien Nationalisten" haben auch in Mecklenburg-Vorpommern der NPD
mittlerweile den Rang abgelaufen. Während diese im Zuge des Wahlkampfs
1998 für die Erlebniswelt der Neonazis mit Aufmärschen, nächtlichem
Plakatekleben und legalen Konzerten sorgten, sind diese Dinge jetzt fest
in der Hand der Kameradschaften.
Nichtsdestotrotz bestehen weiterhin gute Verbindungen und
teilweise personelle Überschneidungen: Oft werden Aufmärsche
arbeitsteilig von der NPD angemeldet und von den "Freien" organisiert
und frequentiert, wie beispielsweise beim Aufmarsch am 14. Januar 2001
in Greifswald. Aber im Gegensatz zu den "systemkonformen" Parteien sind
die Kameradschaften soziale Zusammenhänge, die für rechte Jugendliche
wesentlich attraktiver und leichter zu erreichen und vor allem sozial
tiefer verankert sind. Das Identität und Zusammenhalt stiftende Element
ist nicht das Parteiprogramm, sondern die Integrationskraft der Gruppe,
des rechten Freundeskreises. Der
ehemalige Bundesvorsitzende der Jungen Nationaldemokraten, Holger Apfel,
meinte während des letzten Wahlkampfs 1998 zum Thema "Freie
Nationalisten": "Bei den zurückliegenden Demonstrationen wie auch den
Saalveranstaltungen wurde deutlich, welche strukturelle Verankerung und
welche Akzeptanzdie NPD gerade in Kreisen vieler Unabhängiger
Kameradschaften und freier Nationalisten in Mecklenburg-Vorpommern
besitzt. Im Rahmen des Landtagswahlkampfes zeichnete sich dies durch
eine beeindruckende kurzfristige Mobilisierungs- und Kampagnenfähigkeit
der eigenen Mitglieder wie auch befreundeter Gruppen aus."
Allerdings sollte sich der Vorsitzende der NPD Mecklenburg-Vorpommerns,
Hans-Günther Eisenecker irren, der noch 1998 behauptet hatte: "Wir
müssen uns darüber im klaren sein, dass diese kleinen und unbedeutenden
Kameradschaften überall im Land nicht mehr lange ohne eine starke Partei
auskommen werden. Die NPD ist und bleibt die einzige Zukunft für
Deutschland. Kameradschaften ohne Parteianschluss sind daneben und ihre
Führungskräfte unfähig."
Seit dem 98er-Wahlkampf wird das Kameradschaftsmodell
massiv aus Hamburg vom Aktionsbüro Norddeutschland forciert. Christian
Worch war seitdem bei den meisten Aufmärschen in Mecklenburg-Vorpommern
vor Ort und konnte seine Kontakte im ganzen Bundesland ausbauen.
Der Grad der ideologischen Schulung, der Einbindung ins
bestehende Netzwerk und die politischen Aktivitäten der seitdem zu
Dutzenden aus dem Boden geschossenen Kameradschaften ist dabei sehr
unterschiedlich. Einige dieser Gruppen bestehen aus langjährig aktiven
und geschulten Neonazis, wie zum Beispiel der Kameradschaftsbund Anklam
oder der Kameradschaftsbund Mecklenburg, die über beste Kontakte zu
Neonazis nach Hamburg und zur Kameradschaft Germania Berlin, aber auch
zum inzwischen verbotenen Blood & Honour-Netzwerk verfügen.
Andere gehen aus rechten Kleinstadtcliquen hervor, wie es
sie überall im Land gibt. Animiert von erfahrenen Neonazi-Aktivisten
lassen sie sich "T-Hemden" bedrucken mit dem Schriftzug einer
Kameradschaft, dem Namen ihrer Stadt oder ihres Viertels. Richtig
gefährlich werden diese Cliquen jedoch, wenn geschulte Kader von außen
dazukommen. Dies lässt sich in Mecklenburg-Vorpommern sehr häufig
beobachten. Generell hat eine Kameradtschaft immer eine Führungsperson,
die für ein Mindestmaß an Disziplin sorgt, Schulungen organisiert und
überregionale Kontakte pflegt.
Die Anfänge des Kameradschafts(un)wesens in
Mecklenburg-Vorpommern
Eine der ersten Kameradschaften in Mecklenburg-Vorpommern
waren die Greifswalder
Nationalsozialisten (GHNS) unter Maik Spiegelmacher. Nach Angaben von
Sicherheitsbehörden gründete sie sich 1991. Spiegelmacher selbst war
allerdings schon vor der Wende als Neonazi aktiv. Drei Sympathisanten
der GNS hatten im Oktober 1991 einen Brandanschlag auf ein
Flüchtlingsheim verübt. Bei ihrer Festnahme gaben sie an, Spiegelmacher
hätte sie angestiftet, der dafür zu anderthalb Jahren Gefängnis
verurteilt wurde. Die Kameradschaft löste sich in Folge auf.
In
Wolgast war zwischen 1992 und 1993 die neonazistische SS-Division
Walter Krüger aktiv, die schon in den 80er-Jahren die Stadt in Atem
gehalten hatte. (...)
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hagalil.com 08-03-02 |