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Urteil beim "Skinheadprozeß": Haftstrafen für Neonazis

Neonazi-Überfall war "politisch motivierter Racheakt"

Prozessbericht und Stellungnahme des Koordinierungskreises antifaschistischer Gruppen aus Düsseldorf

Nach nunmehr vier Prozeßtagen gegen sechs Düsseldorfer, darunter zwei Neonazis, die im Juni letzten Jahres vier Menschen vor einer Kneipe in Düsseldorf-Bilk beinahe tödlich verletzt hatten, wurde nun endlich das Urteil gefällt:

Dabei erhielten die drei Älteren, die -so der Richter- unter "Vortäuschung falscher Tatsachen" von dem Neonazi Sven Ripphahn zu einem Angriff auf drei der vier Opfer motiviert worden waren, aufgrund gemeinschaftlich begangener Körperverletzung sechs Monate auf Bewährung, zuzüglich Geldstrafen zwischen 300 und 750 Euro. Unter den drei Älteren war Sven Ripphahns Vater.

Jungnazi Sven Gustavsohn, der schon vorher mehrfach -ebenso wie Sven Ripphahn- im Stadtteil Bilk aufgrund seiner neonazistischen Aktivitäten aufgefallen war, erhielt für seine "Sieg-Heil"-Rufe und das Abschießen einer Gaspistole auf eines der Opfer ein Jahr auf Bewährung nach Jugendstrafrecht und muss 80 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Der Neonazi Sven Ripphahn wurde wegen gemeinschaftlich begangener Körperverletzung mit einer Waffe und wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen (auch er hatte die Opfer zuerst mit "Sieg-Heil"-Rufen angepöbelt) zu 2,5 Jahren Haftstrafe ohne Bewährung nach Jugendstrafrecht verurteilt.

Das Gericht folgte dabei der Argumentation der Staatsanwaltschaft, dass bei diesem "politisch motivierten Racheakt" er einen "Schutzengel" gehabt habe - seine Messerstiche hätten tödlich für die Opfer sein können. Seine Motivation sei gewesen, wie er selber eingestanden hat, dass angeblich Monate vorher eines der Opfer ihn aus einer linken Kneipe komplimentiert habe, da er dort mit "SA-SS"-Rufen provoziert hatte. Der an der Tat relativ Unbeteiligte dritte junge Angeklagte wurde freigesprochen.

Alles in allem ein Urteil, mit dem die Opfer wohl halbwegs zufrieden sein können, so einer ihrer Anwälte. Doch der Prozessverlauf dürfte alles andere als angenehm und zufrieden stellend für die Opfer gewesen sein. So wurde z.B. immer wieder der Zeugenschutz des dritten Opfers seitens der Verteidiger in Frage gestellt, am letzten Prozesstag versuchten sie gar, andere ZeugInnen unter Druck zu setzen, um dessen Personalien herauszubekommen.

Erst auf Antrag der Nebenklage wurde dies vom Richter unterbunden. Eine Anwältin der Nebenklage sagte, man habe zeitweise den Eindruck gehabt, dass "die Täter die Opfer" seien. So seien die Opfer massiv unter Druck gesetzt worden. Ein Prozessbesucher ist sogar von den angeklagten Neonazis in einer Art und Weise als Tatbeteiligter, also als Opfer, benannt worden, als hätte er eine Mitschuld an dem Geschehen.

Nur durch den vom AStA der Heinrich-Heine-Universität initiierten Druck einer breiten Öffentlichkeit konnte sowohl im Vorfeld als auch während des Prozesses Schlimmeres verhindert werden. Dem ehemaligen Vorsitzenden des AStAs war sogar Beugehaft angedroht worden, da er die Personalien des gefährdeten Zeugen nicht nennen wollte.

Als "skandalöse Provinzpossen" bezeichnete ein Sprecher des Antifa-KOK die gesamten Vorgänge. "Es zeigt sich wieder einmal, wie wichtig eine kritische, antifaschistische Öffentlichkeit ist", so Arthur Brachte vom Antifa-KOK.

Ripphahn und Gustavsohn nahmen zeitweise an Torsten Lemmers "Jugendoppositionsstammtisch" teil und unterhielten zwar Kontakte zur neonazistischen "Kameradschaft Düsseldorf", waren aber alles andere als "organisierte Neonazis" und wohl eher dem Umfeld zuzurechnen. Jenem Milieu also, das aufgrund neonazistischer Weltanschauung gewalttätig oder gar mordend in Erscheinung tritt, aber selten aufgrund einer geplanten politischen Aktion. Und davon gibt es in Düsseldorf mehr als genug; Potential, aus dem Neonazi- Organisationen wie die "Kameradschaft Düsseldorf" ihren Nachwuchs rekrutieren können und dies auch tun.

Wie schwer sich der bürgerlich-rechtsstaatliche Umgang mit dem Phänomen Neonazismus gestaltet, wurde im Prozessverlauf mehr als deutlich. Wie unzureichend ein rein juristischer Umgang mit Neonazis ist, beweisen die ungezählten neonazistischen Vorfälle: "Die Neonazi-Szene organisiert sich in der Zwischenzeit weiter", so die Antifa. Arthur Brachte dazu: "Wie sollen neonazistische Umtriebe denn ,von Staatswegen' bekämpft werden, wenn diese sich immer wieder auf den rassistischen Konsens der sog. demokratischen ,Mitte' berufen können?

Notwendig wie eh und je ist daher antifaschistischer Widerstand, der sich nicht nur gegen neonazistische Übergriffe wehrt, sondern auch die Ursachen thematisiert und angreift!"

In diesem Sinne: Organisiert die antifaschistische Selbsthilfe!

 

 hagalil.com 06-06-02

 


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