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Judentum und Israel
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Kein Einzelfall:
Möllemann surft die Westerwelle

Die Auseinandersetzungen um den Parteivize und nordrhein-westfälischen FDP-Landesvorsitzenden sowie um den inzwischen parteilosen Abgeordneten Jamal Karsli gehen in die nächste Runde.

Der Landesvorstand der FDP traf sich am Montag Abend, um darüber zu beraten, ob der wegen seiner antisemitischen Äußerungen in die Kritik geratene ehemalige Grünen-Abgeordnete Karsli Mitglied der FDP-Landtagsfraktion bleiben solle.

An der Sitzung wollten neben dem Parteivorsitzenden Westerwelle auch Otto Graf Lambsdorf sowie Hans-Dietrich Genscher teilnehmen. Westerwelle hatte offenbar vor die Landtagsfraktion auf einen Ausschluss Karslis zu drängen. Er sei schon immer der Meinung gewesen, dass für Karsli weder Platz in der Partei, noch in der Landtagsfraktion sei. Für diejenigen, welche die Parteidebatte um Karsli mitverfolgt haben, dürfte eine solche Klarheit des Parteichefs der Liberalen jedoch neu sein. Aber anstatt solche Klarheit auch materiell umzusetzen, beließ Westerwelle die Entscheidung über Karslis Verbleib in der Landtagfraktion, die auch bisher wenig Schwierigkeiten zeigte ihn trotz oder gerade wegen seiner antisemitischen Statements in der Fraktion zu halten.

Möllemann lehnt weiterhin eine Entschuldigung bei Michel Friedman für seine mehrfachen Äußerungen ab, der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Juden würde mit seinen Gehässigkeiten den Antisemitismus selbst schüren. Er würde nicht vor Friedman „kriechen“, so Jürgen Möllemann. Parteiintern soll er sogar mit Rücktritt gedroht haben, wenn er weiter zu einer solchen Geste gedrängt würde.

Auf der gestrigen Pressekonferenz, die sich der Sitzung des FDP-Präsidiums anschloss antwortete Guido Westerwelle auf die Frage, warum sich denn Möllemann nicht bei Michel Friedman entschuldigen könne, wenn er einen Fehler einsehen würde: „Das frage ich mich auch.“ Gleichzeitig betonte der Parteivorsitzende jedoch, dass sein Stellvertreter keine Belastung für die Partei wäre. Mit derartig inkonsequenten Verlautbarungen umschifft Westerwelle zur Zeit eine klare und eindeutige Stellungnahme und Distanzierung von Möllemann, der seinerseits immer wieder die Uneindeutigkeiten seines Vorsitzenden ausnutzt um die eigene Macht deutlich zu machen.

Kein Einzelfall

Wie wenig sich der aktuelle Antisemitismusstreit allerdings ausschließlich auf Einzelpersonen wie Möllemann oder Karsli reduzieren lässt, zeigen auch die vielen antisemitischen Beiträge  im inzwischen geschlossenen Internetforum von Jürgen Möllemann oder einige Beiträge im FDP-Forum von denen sich als Geringstes sagen lässt sie seien aus erinnerungsabwehrender Motivation geschrieben.

Dazu einige ausgewählte Beispiele: 

Am 4.06. schreibt ein Autor der sich „mahn-doch-mal“ nennt:

Ich stelle Parallelen zum Fall Möllemann fest:
Das "Denkmal für die ermordeten Juden Europas" wird gebaut, obwohl nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes "Emnid" vom Oktober 1999 lediglich 3 % der Deutschen das Mahnmal in der geplanten Form befürworten. 49 % der Befragten sprachen sich gänzlich gegen die Errichtung eines weiteren Holocaust - Denkmals in Berlin aus. Insbesondere die Monumentalität und die Größe von zwei Fußballfeldern - ein stilisiertes Gräberfeld aus 2700 Betonstehlen - stoßen auf große Vorbehalte.

Auch die Ablehnung dieses Mahnmales in einem öffentlichen Brief durch sogenannte Kulturschaffenden, wie Klaus Bölling, Walter Jens, Györgi Konrad, Günter Grass, ... haben nichts genützt. Auch damals wurde Kritik in vielen Fällen abgewürgt, als versteckter Antisemitismus.

Die Presse hat sich nicht getraut, die Menschen in unserem Lande nach Ihrer Meinung zu befragen und das Ergebnis zu veröffentlichen. Ich bin davon überzeugt, dass eine aktuelle Umfrage ähnliche Ergebnisse bringt!

Dürfen wir das Mahnmal (wenn es denn gebaut wird) denn nicht als 3% Mahnmal bezeichnen? (Hervorhebung durch IS)

Nimmt man nur den hervorgehobenen Satz aus diesem Posting so lässt er sich auf zweierlei Art lesen und beide Interpretationen dürften der Intention des Autors nahe kommen. Erstens impliziert der Satz das Vorhandensein einer Macht, welche die Presse daran hindern soll die Menschen dieses Landes zu befragen. Im Zusammenhang des Textes und vor allem des vorherigen Satzes bleibt nur die Lesart, dass diese phantasierte Macht die Juden ein sollen. Die zweite Interpretation dieser Textstelle lässt eine Drohung zum Vorschein kommen, die besagt: wehe wenn die Menschen in diesem Land einmal befragt werden und ihre Meinung auch gedruckt wird, dann brechen alle Schranken. Ein Schelm der hier an Antisemitismus denkt.

Oder mit leidendem Beiklang wie ungerecht die Welt doch zu den Deutschen sei äußert sich „Unimatrix Zero“:

... und dann rennen wieder ein paar Spinner durch das Mahnmahl... besprühen es.. und schwupps heisst es wieder in aller Welt "Die Deutschen schänden jüdische Stätten..."

Weiter schreibt ein Hannes in der Rubrik „Bitte, Möllemann, halte durch“:

Weder Möllemann noch jene, die ihn unterstützen, sind Antisemiten. Sie sind auch keine Judenhasser, ganz bestimmt nicht. Sie möchten endlich und allein die Verkrampfungen lösen, die immer noch im Umgang mit den deutschen Juden so stark im Vordergrund stehen.

Wir müssen wieder frei miteinander und übereinander reden können, so als gäbe es gar keine Unterschiede zwischen uns und den deutschen Juden. Und Möllemann macht den mutigen Anfang, indem er frei seine Meinung sagt.

Dabei ist es zunächst gar nicht wichtig, ob seine Meinung falsch oder richtig ist, wichtig ist nur, dass endlich jemand ohne Verklemmungen redet und man das Gefühl hat, dass da einer das ewige Büßergewand abgestreift hat.

Wir müssen wieder frei werden von Verklemmungen, das gibt uns allen dann ein neues Selbstwertgefühl. Der Antisemitismus gehört der Vergangenheit an, daher: Bravo Möllemann, halte durch!

Es ist also unwichtig, ob eine Meinung richtig oder falsch ist, die Unverkrampftheit zählt, so hat eine Spaßpartei auszusehen. Doch welche Unverkrampftheit ist das? Dass Deutsche Antisemiten den hier lebenden Juden und Jüdinnen endlich wieder ihre Stereotypen und ihren Hass offen entgegenschleudern können? Solche Lesart ist natürlich reine Polemik und Gehässigkeit, es handelt sich doch bei rechten ausschließlich um „Spinner“ wie bereits „Unimatrix Zero“ lehrte und nicht etwa um Deutsche. Am Ende war auch Auschwitz nur die Tat von „Spinnern“ und keine deutsche Tat. Denn schlussendlich ist genau solcherart der Tenor der Debatte. Die deutsche Nation soll sich endlich, gereinigt von ihrer mörderischen Vergangenheit, unverkrampft in die Weltpolitik einmischen können.

Abschließend sei noch ein Brief Möllemanns zur Lektüre empfohlen, der von Leser Torsten Ilg am 4. Juni im FDP-Forum mit dem Titel „Aufruf zum Widerstand!“ in der Rubrik „FDP sackt in Umfrage von 12% auf 9%“ gepostet wurde. Selbstverständlich ist auch die Vermutung der „Aufruf zum Widerstand“ könnte sich auf des Parteivizes Verständnis für palästinensische (Selbst)Mordattentäter beziehen reine Gehässigkeit. Eine Fatwa der liberalen Antisemiten ist wohl nicht in Sicht. Schreibtischtäter sind sie dafür allemal.

Doch nun soll Herr Möllemann unzensiert zu Wort kommen, der Autor erlaubt sich nur einige Hervorhebungen, ein Kommentar ist wohl überflüssig:

Sehr geehrter Herr Ilg:

Noch immer hat die politische Klasse in Deutschland aus den Ereignissen in anderen Ländern nicht gelernt, was geschieht, wenn sie die Kluft zwischen ihren alten politischen Formeln und den Meinungen der Menschen immer größer werden lässt. Obwohl das jeden Demokraten tief beunruhigen müsste.

Das gilt insbesondere auch für den Umgang mit der Politik der Regierung von Ariel Sharon. Diese stößt in aller Welt auf immer deutlichere Ablehnung. Nicht nur meiner Meinung nach zu Recht, denn sie tritt unablässig dem internationalen Recht ins Gesicht.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat dies in aller Deutlichkeit wiederholt angeprangert. Die Regierung Sharon geht eiskalt und zynisch darüber hinweg.

Alle Welt tritt für Israels anerkannte Existenz in gesicherten Grenzen und für einen gleichberechtigten Staat Palästina ein. Aber die Partei Sharons, der Likud, verhöhnt die Staatengemeinschaft mit dem Beschluss, es werde keinen Staat Palästina geben.

Alle Welt fordert das Ende des Baus weiterer israelischer Siedlungen auf palästinensischem Boden. Sharon erklärt ungerührt, alle Siedlungen blieben bestehen und neue würden gebaut. Und so weiter und so weiter.

So gerät durch die unverantwortliche Politik der Regierung Sharon der Nahe Osten immer näher an den Rand eines großen Krieges, eines gefährlichen Flächenbrandes.

Natürlich rechtfertigt das in keiner Weise Selbstmordattentate. Und natürlich hat auch Yassir Arafat große Fehler gemacht. Den Weg zum Frieden aber kann nur Israel freimachen, weil es der Stärkere ist.

Zu all dem sagen jene nichts, die mich als Antisemiten abstempeln wollen. Wo ist die Kritik des Zentralrats der Juden an dieser Politik der Regierung Sharon?

Herr Friedman hat schon sehr, sehr lange vor der Diskussion in diesen Tagen immer wieder versucht, mich mundtot zu machen, indem er mich in die Nähe des Antisemitismus rücken wollte.

Was ich an seinem anmaßenden Auftreten kritisiere, finden viele Menschen in Deutschland schon seit vielen Jahren genau so unerträglich.

Darunter sind nicht wenige aus der religiösen Gemeinde der Juden, die mir das in diesen Tagen in bewegenden Briefen wieder schreiben.

Dass die alte politische Klasse in ihren alten Formeln - merkwürdig wortgleich - jede echte Kritik an der israelischen Regierung als unzulässig verurteilt, nimmt ihr das Volk nicht mehr ab. Und unser Volk ist nicht antisemitisch.

Indem sich die alte politische Klasse in den Medien gegenseitig bestätigt, übersehen sie das unabhängige Urteil der Wähler, Leser und Zuschauer.

Immer mehr Menschen verlangen, dass die Politik Unrecht immer und überall Unrecht nennt und Verstöße gegen die Menschenrechte überall und immer zurückweist. Deshalb werde ich ungeachtet des Wirkens der alten politischen Klasse als ein freier Demokrat in einem freien Land weiter mit Leidenschaft, Ausdauer und Konsequenz für meine kompromisslos liberale Überzeugung im allgemeinen und für einen gerechten Frieden im Nahen Osten im besonderen kämpfen.

Jetzt erst recht.

Ich rufe jene in Deutschland lebenden, Christen, Juden, Muslime und Religionslosen auf, die für einen gerechten Frieden im gleichberechtigten Nebeneinander der Staaten Israel und Palästina sind, der FDP beizutreten und mich in diesem Engagement zu unterstützen.

Ich bitte alle, die für Meinungsfreiheit und Menschenrechte sind, gerade dann für beide einzutreten, wenn es unbequem ist. Das kann doch nur die Lehre aus unserer Geschichte und aus unserer geschichtlichen Schuld sein. Ich möchte nicht warten, bis auch bei uns in Deutschland Rattenfänger auftreten, die nicht für die offene Gesellschaft, die Herrschaft des Rechts und Demokratie sind.

Es wird auch nicht verfangen, dass mich die alte politische Klasse in die Nähe solcher Rattenfänger schieben will, um die FDP und mich einzuschüchtern. Wer das tut, wird sich über die Zahl der Menschen noch wundern, die uns gerade deshalb ihre Stimmen geben werden.

Unter den 20.000 Zuschriften der letzten zehn Tage befindet sich eine große Zahl, die je zur Hälfte sagt, bisher hätten sie CSU, CDU oder SPD gewählt, dieses mal würden sie beide Stimmen der FDP geben.

Wir wenden uns nicht an die verschwindend kleinen Grüppchen jener, die extremen politischen Parolen nachlaufen.

Ich möchte, dass die FDP als moderne liberale Partei eine konstruktive und optimistische Alternative zu den mut- und ziellosen anderen Parteien bietet. Das ist unser Angebot an die Millionen Menschen in Deutschland, die sich von der politischen Klasse enttäuscht und angewidert abwenden.

So wollen wir mit unserem klaren Programm und unserem Kanzlerkandidaten Guido Westerwelle gewinnen, der für eine neue Politik steht. Dafür kämpfe ich. Dafür bitte ich Sie um Ihre beiden Stimmen für die FDP bei der Bundestagswahl am 22. September.

Bitte werben Sie dafür auch in Ihrer Familie, bei Ihren Freunde, Bekannten und Kollegen. Bitte treten Sie in die FDP ein (1). Wenn Sie schon Mitglied sind, bitte werben Sie neue Mitglieder für die FDP. Damit wir sie gemeinsam zu dem notwendigen großen Erfolg führen können: im Interesse einer guten Zukunft für alle im Volk. 

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen W. Möllemann

Ein kleiner Nachsatz des Autors: Selbstverständlich existieren im Forum der FDP auch Beiträge, die sich kritisch mit Herrn Möllemann und dem Antisemitismus auseinandersetzen. Nur die Mehrzahl bilden sie nicht.

 is /hagalil.com 04-06-02

 


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