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Judentum und Israel
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Rechtsruck mit aller Gewalt:
Union macht Zuwanderung zum Wahlkampfthema

Die Christliche Union hat sich bisher mit ausländerfeindlichen Parolen bemerkenswert zurückgehalten. Dabei sind es doch gerade griffige rechtspopulistische Parolen, die die Popularität der Union an Deutschlands Stammtischen sichern.

Die Stimmungsmache gegen die "amerikanische Ostküste" (Helmut Kohl machte diese Umschreibung für die "jüdische Lobby" im Zusammenhang mit der Zwangsarbeiterentschädigung populär) konnte man diesmal aber auch wirklich getrost dem Juniorpartner FDP überlassen. Der Sturm auf die Wiedergutmachungskassen Deutschlands konnte auch nicht instrumentalisiert werden, nachdem SPD-Kanzler Schröder die Lohnnachzahlung für Zwangsarbeiter zur Chefsache deklariert und durchgesetzt hat. Sein CDU-Vorgänger Kohl hatte zu seiner Zeit noch kurz und bündig erklärt "die Wiedergutmachungskasse bleibt zu!"

Abgesehen von Angriffen auf Schwule und einzelne "Gutmenschen", wie den Bundestagspräsidenten Thierse, den Dr. Helmut Kohl en passant mit Göring verglich, bemühte sich die Union im Wahlkampf 2002 redlich - um moderate und leise Töne.

Kurz vor Torschluss will die Union aber doch "Gesicht zeigen" und das Thema Zuwanderung in den Mittelpunkt der entscheidenden letzten Wahlkampfwoche stellen.

Schuld an diesem Rückfall der Union ist nicht etwa die rechtslastige Stimmung in der Partei, sondern die Rot-Grüne Regierung. Hätte die nämlich ein Gesetz zur strikten Begrenzung der Zuwanderung vorgelegt, "wäre das Thema erledigt", so Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) zur dpa.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) warnte davor die Ausländerpolitik zum Wahlkampfthema zu machen: "Das wäre ein Akt der Verzweiflung und würde den inneren Frieden in Frage stellen", so der Kanzler zum Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Die Grünen warfen der Union einen "schäbigen Kurswechsel" vor und Partei-Chefin Claudia Roth forderte Stoiber auf, den "brandgefährlichen Versuch" zu beenden, "mit dem Schüren von ausländerfeindlichen Stimmungen in letzter Minute noch auf Stimmenfang zu gehen". Bislang sei es gelungen, das Thema Zuwanderung aus dem Wahlkampf weitgehend herauszuhalten. "Anders als in früheren Wahlkämpfen hatte es auch die Union bislang nicht missbraucht. Nun aber zeigt Edmund Stoiber mit dem Rücken zur Wand doch noch sein wahres Gesicht", meinte Roth.

Nötig hätte die Union dies eigentlich nicht, denn der Spruch "Kinder statt Inder", die Parolen von der "Leitkultur", vom "Schlussstrich", von "Nation und Vaterland" und Stoibers Empfehlung an die österreichische Schwesterpartei doch mit Haider zu koalieren, die Anekdoten aus Merzens Sturm und Drang Zeit, als man kurz mal eine "linke Bude" abfackelte, sind noch so frisch, dass sie eigentlich noch allgemein präsent sein sollten. Es ist noch keine vier Jahre her, da hat Hessens CDU-Chef Roland Koch mit einer Unterschriftenaktion gegen die von Rot-Grün geplante doppelte Staatsbürgerschaft mit Erfolg Wahlkampf betrieben und war zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Schwarzgelder in der Parteikasse der Union gab man als "jüdische Vermächtnisse" aus.

Während Schröder anerkennt, dass bislang "der Versuch unterblieb, auf dem Rücken von Menschen Wahlkampf zu machen, die sich nicht wehren können" und hofft, dass sich "die vernünftigen Kräfte in der Union durchsetzen", erklärt Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", die Union werde nach einem Wahlsieg das "Herzstück des rot-grünen Zuwanderungsgesetzes sofort kassieren". Schon vor zwei Jahren hatte Beckstein von nützlichen und unnützen Ausländern gesprochen.

Da SPD und Grüne "die Zuwanderung trotz über vier Millionen Arbeitslosen noch einmal ausweiten und das unsere Integrationsfähigkeit überfordert, geht ihr Gesetz genau in die falsche Richtung, deshalb ist das natürlich eine wichtige Frage der Innenpolitik", sagte Stoiber. CDU-Chefin Angela Merkel sagte der "FAS", die Union werde bei der Zuwanderung die "Verbindung zum Arbeitsmarkt und die Defizite der Integration" hervorheben. Zuwanderung sei nicht "ein rechtes, sondern ein soziales Thema".

SPD-Fraktionschef Ludwig Stiegler übte heftige Kritik an den Plänen der Union: "Aus schierer Verzweiflung und Panik über seine sinkenden Umfragewerte greift der Kandidat zu dreisten Lügen über das Zuwanderungsgesetz". Im Mittelpunkt des Gesetzes stehe nicht die Zuwanderung, sondern deren Steuerung und Begrenzung. "Ermöglicht wird lediglich die Anwerbung hoch qualifizierter Spezialisten, die dazu beitragen, neue Arbeitsplätze zu schaffen und zu sichern", so Stiegler.

Außenminister Joschka Fischer (Grüne) warf der Union vor, in der letzten Wahlkampfwoche "Stimmungsmache" betreiben zu wollen: "Wenn hier versucht wird, rechte Stammtisch-Stimmungen auf Grund von Hetze gegen Minderheiten in Mehrheitsstimmen umzumünzen, dann müssen wir dem klar entgegentreten".

Einwanderung gestalten, Integration fördern, Flüchtlinge schützen:
Das Zuwanderungsgesetz

Das rot-grüne Zuwanderungsgesetz ist ein Meilenstein: Nach Jahrzehnten der Abschottung kann der Arbeitsmarkt kontrolliert geöffnet werden...

Die Fraktionsvorsitzende Kerstin Müller (Grüne) und der rechtspolitische Sprecher Volker Beck (Grüne) erklären:

Der Versuch der Union, das Thema Zuwanderung doch noch im Wahlkampf zu instrumentalisieren, wird scheitern. Stoibers Kalkül, auf den letzten Metern noch Stimmen am rechten Rand abzuschöpfen, wird nicht aufgehen. Eine Angstkampagne auf dem Rücken von Ausländern und Migranten auszutragen, ist unverantwortlich.
Die CDU/CSU versucht, mit bewusst falschen Behauptungen Ängste zu schüren. Das rot-grüne Zuwanderungsgesetz orientiert sich streng am Bedarf des Arbeitsmarktes. Einheimische Arbeitskräfte haben weiterhin Vorrang bei der Besetzung offener Stellen. Das Gesetz steuert die Zuwanderung und stellt die Integration von Migranten erstmals auf eine gesetzliche Grundlage.
Es ist unverständlich, dass die Union das Auswahlverfahren für Einwanderer ablehnt. Denn der Kriterienkatalog, der die Auswahl der Zuwanderer nach einem Punktesystem regelt, wird von Bundestag und Bundesrat festgelegt. Die Voraussetzung für das Punktesystem, das ab 2010 gelten soll, ist also ein breiter politischer Konsens von Bundestag und Bundesrat.

dg - hagalil.com 18-09-02


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