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Fremdenhaß als "Modetrend"

In Rußland ist die Neonaziszene zu einer Massenbewegung angewachsen

Von Peter Nowak
Junge Welt, 16.10.2002

Ende Juli begann in Moskau ein Prozeß gegen mehrere Personen, die am 9. Juni an massiven Ausschreitungen in der Moskauer Innenstadt beteiligt waren. Kaum war die von der russischen Fußballmannschaft mit 1:0 verlorene Weltmeisterschaftsbegegnung mit Japan beendet, begann ein beispielloses Wüten im Zentrum der Hauptstadt. Über hundert Menschen wurden verletzt, hundert festgenommen und ein Jugendlicher starb bei den Krawallen. Russische Tageszeitungen berichteten von zahlreichen abgefackelten Autos und zerschlagenen Schaufenstern. Während die staatlichen Erklärungen die Ereignisse als Fußballrandale herunterspielten, wiesen unabhängige russische Medien auf den steuernden Einfluß einschlägig bekannter Moskauer Neonazis hin.

Nazi-Skins sind in Rußland zum "Modetrend geworden, der aus den großen Städten in die Provinz überschwappt und immer mehr 13- bis 18jährige mitzieht", meint der russische Jugendforscher Alexander Tarassow. Stimuliert werden die jungen Rechten durch "das Gefühl, im weltweiten Trend zu liegen", und die Erfahrung, "weder auf Widerstand zu stoßen noch bestraft zu werden". Das russische Innenministerium schätzt die Zahl gewaltbereiter Neonazis auf über 10000. Nach offiziellen Angaben wurden allein in diesem Jahr neun Menschen von Neonazis in Moskau getötet und über hundert verletzt. Besonders oft trifft es Landsleute aus dem Kaukasus, Ausländer aus Afrika, Asien oder Lateinamerika und Juden.

Neben dem Rassismus ist der Antisemitismus ein fester Bestandteil der rechten Ideologie. So kursierten Ende 1998 in der Stadt Krasnodar Flugblätter, auf denen die Bevölkerung zu Pogromen aufgerufen wurde. Im vergangenen Jahr feierten die russischen Neonazis den Geburtstag Hitlers auf ihre Weise. Am 20. April 2001 überfielen sie einen Markt im Stadtteil Jassenowo im Südwesten Moskaus und schlugen mehrere Händler aus südlichen Ex-Sowjetrepubliken brutal zusammen. Zwei Armenier erlagen später ihren Verletzungen. Drei Tote und mehrere Dutzend Verletzte forderte ein Überfall von 300 Skinheads im Oktober 2001 auf einen Markt im Moskauer Stadtrandbezirk Zarizyno.

Viele Studierende aus Asien und Afrika kehren Rußland aus Angst vor Übergriffen den Rücken. Klagen über die indifferente Haltung der Polizei häufen sich. Immer wieder müssen die Ordnungshüter sich vorhalten lassen, wegzusehen. Alexander Iwanow, "Führer" der mit der Skinhead-Szene verzahnten rechtsextremen Nationalen Volkspartei (NVP) brüstet sich damit, daß viele Polizisten bis zu Obersten und Generalen mit seiner Bewegung sympathisierten. "Dienstags und donnerstags trainieren Offiziere der Sonderpolizei Omon kostenlos NVP-Mitglieder im Nahkampf", behauptet der Neonaziboß.

Ein Urteil im Verfahren gegen die vermeintlichen Fußballrandalierer vom 9. Juni in der Moskauer Innenstadt steht fast drei Monate nach Prozeßbeginn noch aus.

hagalil.com 20-10-02

 


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