Seselj bastelt an einer Querfront für
Saddam:
Ein Problem für die deutsche
Friedensbewegung?
Von Max Brym
Vojislav Seselj kündigte
vollmundig an, am 24. Februar nach Den Haag zu fliegen, um sich dort dem
internationalen Tribunal zu stellen. Das Tribunal klagt ihn an, sowohl
in Kroatien, Bosnien und Kosovo schwere Verbrechen begangen zu haben.
Vojislav Seselj ist Chef der rechtsextremistischen Serbischen Radikalen
Partei. Anläßlich der letzten serbischen Präsidentschaftswahlen erhielt
Seselj 36 Prozent der Stimmen. Seselj knüpft historisch an die
royalistische Tschetnikbewegung an. Jene kämpfte im zweiten Weltkrieg
gegen die jugoslawischen und albanischen Partisanen. Dabei stand sie
öfter im Bündnis mit den Hitlerfaschisten.
Ab 1987 sekundierte Seselj, trotz
mancher Differenzen, Slobodan Milosevic, im geschichtsrevisionistischen
Diskurs. Nach der "Serbischen Akademie der Wissenschaften" wurden die
Serben im alten Jugoslawien benachteiligt. Diese nationalistische
Position, vertrat Milosevic offen seit 1987. Der Faschist Seselj trieb
diese Argumentation und die damit verbunden Taten immer weiter nach
rechts. Im Jahr 1995 schrieb das Seselj-Organ "Großserbien" einen
Grundsatzartikel über die Vertreibung der Albaner aus dem Kosovo. Im
Jahr 1999 war Seselj stellvertretender serbischer Ministerpräsident.
Nach dem Sturz von Milosevic wurde er dessen wichtigster Gewährsmann in
Serbien. Die Sozialistische Partei Serbiens ist weitgehend kollabiert.
Milosevic rief folgerichtig zur
Unterstützung Seseljs, des "besten Patrioten", bei den letzten
Präsidentschaftswahlen auf. Die nationalistischen Tschetnikbanden
griffen im Dezember 2002 einen nichtorthodoxen Gottesdienst in
Belgrad an. Seit Herbst werden verstärkt Roma, die gezwungen sind auf
einer Müllhalde in der Nähe von Belgrad zu hausen, von den Anhängern
Seseljs und des verstorbenen Milizenführers Arkan attackiert. Die Zahl
der Angriffe auf nichtorthodoxe Einrichtungen, darunter auch jüdische
Friedhöfe und Synagogen, nahmen im Jahr 2002 in Serbien sprunghaft zu.
Die internationalen Verbindungen
Seseljs
Der französische Rechtsextremist
Jean Marie Le Pen reiste im Januar 1997 zu einem vielbeachteten Besuch
nach Belgrad. Dort wurde er von Seselj in Empfang genommen. Es wurden
brüderliche Beziehungen aufgenommen, die bis heute Bestand haben. Wie Le
Pen reiste auch der russische Faschist Schirinowski im Oktober
1995 nach Belgrad und schloß ein Kooperationsabkommen mit Seseljs SRS.
Der Kern der Freundschaft besteht in einem völkischen
"Antiimperialismus" der sich mit antisemitischen Untertönen gegen die
USA richtet.
Daneben haben alle drei ihre inneren
"Feinde" einen speziellen Rassismus, gegen Albaner (Seselj),
Tschetschenen ( Schwarze-Schirinowski) sowie Moslems in Frankreich bei
Le Pen. Die Verbindungen Seseljs erreichen aber auch sogenannte "linke"
Kreise, wie die "Antiimperialistische Koordination" mit Sitz in Wien.
Letztere ließen es sich nicht nehmen, in einer Zuschrift an die Junge
Welt, im Sommer 2000 die SRS in den höchsten Tönen zu loben. Seselj ist
auch in Kontakt mit der "Nationalbolschewistischen Partei Rußlands" und
beide Seiten haben das Konzept einer "antiimperialistischen" Querfront.
Unter Querfront ist zu verstehen, dass mit "antiimperialistischen"
Phrasen Linke nach rechts gezogen werden. Eine wichtige Klammer für
dieses Vorhaben, ist die sogenannte "Iraksolidarität".
Seselj solidarisiert sich mit
Saddam Hussein
Auf einer Veranstaltung Ende Januar
2003 im Belgrader Gewerkschaftshaus erklärte Seselj, seinen 2000
Zuhörern, worum es im bevorstehenden Irakkrieg ginge. Seselj sagte: "Der
Irak kämpft für nationale Freiheit, Saddam ist ein Symbol des
Widerstandes gegen die US-Barbaren geworden". Den irakischen Diktator
bezeichnete Seselj als "Waffenbruder". Dass er Saddam bewundert, ist
alles andere als überraschend. Seselj pflegt eine langjährige
Freundschaft mit den Herrschenden in Bagdad. Insbesondere seit dem NATO
Angriff auf Jugoslawien wurden die Beziehungen ausgebaut.
Nach einem Treffen von Abgesandten
der irakischen Baath-Partei und der SRS verkündeten der irakische
Botschafter in Belgrad, Sami Sadun Al Kinani, ebenso wie Seselj "enger
zusammenarbeiten" zu wollen. Das geschah im Oktober 1999. Beide
erklärten "eine enge Kooperation aller patriotischen Kräfte aufzubauen
die die US- Hegemonie nicht akzeptierten". Es blieb nicht bei leeren
Worten, kürzlich kam heraus, dass in der Regierungszeit von Milosevic,
Bagdad mit Waffensystemen und Technologie ausgestattet wurde. Im Oktober
2000 verschlug es den ehemaligen Handelsminister von Milosevic, Boris
Vukovic nach Bagdad. Dort betreibt er seitdem ein Export und
Importgeschäft.
Bezeichnendes in Belgrad
Kürzlich fand in Belgrad eine
Kundgebung für Slobo und gegen den Irakkrieg statt. Im Publikum wehten
die Fahnen, der von Seselj gegründeten Paramilitärs, die Fahnen der
weißen Adler. Aus dem Lautsprecherwagen ertönte hingegen die
Internationale. Anschließend traten als Redner neben Seselj und dem
orthodoxen Bischof Filaret der bulgarische Postkommunist Velko Valkanov
auf. Valkanov ist einer der beiden Vorsitzenden des
Internationalen Komitees zur Verteidigung von Slobodan Milosevic. In
diesem Komitee sammelt sich die sogenannte antiimperialistische
Linke aus aller Welt. In Deutschland wird das Komitee von ALTGLÄUBIGEN
LINKEN geleitet. Die französische Sektion jedoch leitet der
Faschist Luc Michel. Der französische Advokat Verges ehemals
pronazistischer Verteidiger von Klaus Barbie, ist juristischer
Chefberater von Milosevic in Den Haag.
Hat die deutsche Bewegung gegen
den Irak Krieg damit etwas zu tun ?
Die aktiv gewordene deutsche
Friedensbewegung ist ein Zielobjekt rechter Querfrontstrategen. Jene
Friedensbewegung steht gegen einen Krieg der USA am Golf. Dafür mag es
gute und weniger gute Argumente geben. Auffällig ist jedoch, dass sich
ein deutscher Pazifismus in nationalistischer Gegnerschaft zur USA
herausbildet. Dadurch hat sie eine offene Flanke gegenüber rechten
Demagogen. Das weiß die internationale Rechte, es werden geschickte
rechte Aktivisten tätig. Es tauchen Parolen auf wie "Ami Go Home" und es
wird von einigen Teilen der Zionismus in den Mittelpunkt der Kritik
gerückt. Bestimmte Gruppen von extrem "Linken" und extrem Rechten
bestreiten auf den Demonstrationen dem Staat Israel das Existenzrecht.
Am vergangenen Samstag, den 15.02.03, fanden in München zwei noch
getrennte Kundgebungen von "Linken" und Rechten statt. Vorläufig waren
Sie noch getrennt, aber die Parolen am Stachus und Marienplatz waren
durchaus austauschbar. Es besteht die Gefahr einer offenen
Querfrontbildung wie es einem Herrn Seselj vorschwebt.
hagalil.com
17-02-03 |