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Judentum und Israel
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Im Gespräch:
Der arabische Psychoanalytiker Gehad Mazarweh

Ein arabischer Psychoanalytiker über sich, über die arabische Welt und den israelisch-palästinensischen Konflikt

Von Karl Pfeifer

Oft frage ich mich, was wohl die Ursache ist, dass ausgerechnet in Österreich so viele online Zuschriften zu Meldungen über den israelisch-palästinensischen Konflikt kommen. Was aber auch auffällt, ist bei manchen eine erstaunliche Unkenntnis der Geschichte und Realität des Konflikts. Besonders traurig stimmen die Zuschriften, die einseitig und oft eine sehr scharfe Sprache verwendend für die eine oder andere Seite Stellung nehmen.

Die unbedingten Gegner Israels lieben es, einige jüdische Israelis oder Juden zu zitieren, die das bestätigen, was sie glauben, was aber keinen Bezug zur Realität hat, nämlich dass Israel mit dem "Dritten Reich" gleichgesetzt werden kann. Da kommen dann unmögliche Vergleiche, wie die einer britischen Labour-Abgeordneten zustande, die erst diese Tage Gaza mit dem Warschauer Ghetto verglich. Wer diese Diskussionen beobachtet, der könnte meinen alle Probleme der arabischen Welt wären gelöst, wenn es nur kein Israel geben würde.

Die "Zukunft", einst hoch angesehenes Diskussionsorgan der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ), heute eher zum Hochglanzmagazin heruntergekommen, hat vor einigen Monaten einen gehässigen Artikel ihres Chefredakteurs über die israelische Gesellschaft veröffentlicht und wurde deswegen (auch von mir) heftig kritisiert. Nun hat sie in ihrer letzten Ausgabe ein interessantes Interview, das Renate Schmidtkunz für die Ö-1-Sendereihe "im Gespräch" mit dem palästinensischen Psychiater Gehad Mazarweh führte, veröffentlicht.

Mazarweh über sich:

"In Israel groß zu werden, ist nicht leicht. Ich wurde erniedrigt, gedemütigt im Bus oder auf der Straße. Lange Jahre durften wir die Wohngebiete ohne Passierschein nicht verlassen.* Diese Verfolgung konnte ich nicht mehr verkraften und so beschloss ich, Israel zu verlassen. Es gab eine Familiendiskussion und schließlich war die Familie auch einverstanden. Das war mir sehr wichtig. Ich bin israelischer Staatsbürger und habe es nie bedauert was die meisten Juden in Israel nicht begreifen wollen** , dass ich ein stolzer Bürger dieses Landes bin. Ich verdanke der israelischen Gemeinschaft einen großen Teil meiner inneren Freiheit, meiner Vorstellung von Demokratie, obwohl uns die israelische Demokratie nicht immer zugute kam. Als ich Israel verlassen habe, stellte ich fest, dass die Schweiz, die sich neutral gibt, Vorurteile gegenüber Ausländern hat. Rassismus, Chauvinismus, Faschismus ist kein spezifisches Merkmal einer Nation. Israel ist meine Heimat und deshalb habe ich nach 40 Jahren noch meine israelische Staatsbürgerschaft."

Mazarweh über die arabische Welt:

"Die arabischen Führer, die die Rolle der Väter spielen, sind gescheitert. Es sind gescheiterte Rennkamele. Eine Gruppe von Menschen, die nicht in der Lage sind, mit Aufrichtigkeit für ihre Völker zu denken. Sie sind da, sie sind Eigentümer im Land und das Volk ist Untermieter und wer diese Konstruktion in Frage stellt, ist Feind des Regimes. Und Feinde werden in der Regel totgeschlagen. Und das gilt für alle arabischen Länder. Stellen Sie sich vor, diese kleinen Offiziere, die mit Mühe und Not 250 Soldaten befehligt haben, agieren jetzt mit Millionen, mit Wirtschaft und Sozialstruktur. Das ist das Problem. Die arabische Welt ist voll von intelligenten Menschen: Frauen und Männer, die diese Arbeit leisten können. Die ihren Ländern in einer Weise dienen können, damit alle mit mehr Würde leben können. Scham über eine Gesellschaft, die so viel Reichtum hat und in der so viele Menschen hungern. Was ist denn das für eine Gemeinschaft? Was ist denn das für ein Vater, der akzeptiert, dass seine Kinder hungrig zu Bett gehen und er überfressen ist und Bauchschmerzen hat vor lauter Überfütterung? Nein, ich bin der Überzeugung, wir müssen den neuen arabischen Menschen schaffen. Luxemburg hat mehr Ansehen in der Welt als die ganze arabische Welt zusammen. Luxemburg mit 150.000 oder 160.000 Menschen. Wer nimmt die arabische Welt zur Kenntnis, wenn es nicht um Öl geht. Wir sind Hunderttausende Wissenschaftler auf der Welt. Meines Wissens gibt es neun arabische ausgebildete Psychoanalytiker. Sieben sind im Ausland. Ich habe wiederholt versucht, Arbeit in diesen Ländern zu leisten. Die Araber meinen, Psychoanalyse ist etwas für Verrückte und sie sind großartig."

Mazarweh über den israelisch-palästinensischen Konflikt:

"Das Land, wo meine Familie lebt, heißt Israel und diese Augenauswischerei [dass Israel nicht beim Namen genannt wird K.P.] muss endlich aufhören. Wir können Dinge nicht ungeschehen machen, indem wir sie verleugnen. Die arabische Welt hat diese Dummheit permanent praktiziert. Sie haben den Zionisten den Ball immer wieder zugespielt, mit dem die Zionisten zum Teil chauvinistische Politik praktiziert haben.... Wissen Sie, ich war lange gegen Israel. Stellen Sie sich vor, da kommen Leute nach Palästina und sagen: "Wir waren hier von 3.000 oder 2.000 Jahren und jetzt müsst ihr weggehen, weil wir euren Platz einnehmen." Die Entwicklung damals war nicht akzeptabel. Das Schlimme war, dass arabische Politiker den Palästinensern immer wieder erzählt haben: "Wir helfen euch zurückzukehren", und das war und die große Lüge. Ich hoffe, dass die Palästinenser das inzwischen verstanden haben. Wir müssen begreifen, dass dieses Stück Erde zwei Völkern gehört. Es kann nur ein Israel geben. Es ist meine Heimat. Es wurden genug Menschen getötet. Die Palästinenser sollen alle besetzten Gebiete zurückbekommen. Und man muss über die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge sprechen. Ich weiß, dass nicht viele Palästinenser nach Israel zurückkehren wollen wollen, aber sie müssen gefragt werden."

*das wurde erst kurz vor dem Sechstagekrieg aufgehoben
**hier glaube ich irrt er, als vor einiger Zeit eine Araberin aus Haifa zur Schönheitskönigin Israels gewählt wurde, und sie vom israelischen Fernsehen über ihr Gefühl als Araberin befragt wurde, sagte sie, dass sie nicht als Araberin gewählt wurde und betonte, dass sie in die israelische Gesellschaft integriert ist, das hat den meisten Israelis gefallen.

hagalil.com 25-06-03

 


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