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Judentum und Israel
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Die Schlacht um Italien und der "Fall Friedman":
Einige Gedanken im Sommer 2003

Von Max Brym

Der Kanzler fährt nicht in die geliebte Toskana, um sich von seinem anstrengenden Job zu erholen. Er verbringt seinen Urlaub im heimatlichen Niedersachsen. Das ganze wird als Staatsaffäre inszeniert, da es ein italienischer Staatssekretär im dortigen Tourismusministerium gewagt hat, deutsche Urlauber zu kritisieren. Dieser Staatssekretär war für einige Tage der Urfeind der Deutschen. Jener Sekretär wagte es ,die deutschen Urlauber pauschal als "nationalistisch", "dickbäuchig" und "arrogant" darzustellen. Er meinte, dass diese Leute "über unsere Strände herfielen". Der Staatssekretär ist zurückgetreten, dennoch bleibt der Kanzler in Hannover.

Nicht aber die Bild-Zeitung, für Donnerstag den 17.7 hat sie ein Flugzeug geordert, um einige ihrer treuen Leser nach Rimini zu fliegen, damit dort eine Protest-Party steigen kann. Die Erregung soll bleiben, es wird protestiert. Die politisch brisanten Dinge werden jedoch bewußt oder unbewußt ausgeblendet. In Italien hat ein Lega Nord Sprecher kürzlich dazu aufgerufen: "Die Flüchtlingsbote, die sich unserer Küste nähern, mit Kanonen aus U- Booten auf den Meeresgrund zu befördern". Dieser barbarische Vorschlag eines italienischen Regierungsmitgliedes erregte in Deutschland niemand. Das ist absolut kein Zufall. Die deutsche und italienische Regierung haben ähnliche Positionen, wenn es um die Bekämpfung unerbetener Flüchtlingsströme geht. Rigoros wird in beiden Ländern abgeschoben, in beiden Ländern wird Europa als Festung gegen Armuts- und Bürgerkriegsflüchtlinge begriffen.

An der Oder und der Neiße sind neue Grenzsicherungsanlagen in den neunziger Jahren gegen Flüchtlinge errichtet worden, jede Nacht finden dort Menschenjagden statt, ohne dass dies zu einer sonderlichen Erregung in Deutschland führt. Der rassistische Konsens steht und die Politik der geschlossenen Grenzen wird weitestgehend akzeptiert. Nur die undifferenzierte Aussage eines italienischen Staatssekretärs über "nationalistische deutsche Urlauberhorden" treibt den Blutdruck in absonderliche Höhen. Vielen in diesem Land wurde die seltsame Fähigkeit beigebracht, sich meist dann zu erregen, wenn Erregung unangebracht und lächerlich ist. Nicht selten wird dabei eine schlechte Komödie dargeboten.

Seit der Spiegel mit Herrn Berlusconi als " Der Pate" aufmachte, wird viel über Korruption, Machtmißbrauch und Mafiageschäften in Italien schwadroniert. Diese Komödie soll den Eindruck vermitteln, dass es die genannten Dinge nur in Italien gibt. Zutreffend stellen die deutschen Komödienschreiber das Medienmonopol von Herrn Berlusconi in Italien in den Fokus ihrer Kritik. Dabei wird vergessen: "In Italien ist vielen Leuten klar, dass die publizierte Meinung die Meinung von Herrn Berlusconi ist. In deutschen Landen ist die Medienlandschaft ohne einen talentierten Selbstdarsteller wie Berlusconi auch weitgehend einförmig. Jedes Beharren auf sozialen Errungenschaften, jede Position gegen den fortgesetzten Sozialabbau wird, von FAZ bis TAZ, als "strukturkonservative Haltung" gebrandmarkt. Gewerkschafter, wie der stellvertretende Vorsitzende der IG- Metall Jürgen Peters, gelten als "monströse Betonköpfe". Der Kanzler selbst mischt sich in gewerkschaftliche Fragen ein, fordert ein anderes Personal und maßvolle Tarifabschlüsse. Dies verbindet ihn mit Silvio Berlusconi, nur dass der deutsche Kanzler meist eine weniger martialische Ausdrucksweise an den Tag legt wie der italienische Ministerpräsident. All dies wird ignoriert und statt dessen über italienische Verhältnisse lamentiert. Obwohl in Italien der soziale und demokratisch Widerstand gegen die Regierung größer ist als in Deutschland.

Friedman und die deutsche Reaktion

Michel Friedman hat vorläufig seine Tätigkeit als TV- Moderator eingestellt. Er akzeptierte einen Strafbefehl in Höhe von 17.400 Euro. Zudem legte er seine Ehrenämter nieder. In einer starken Rede forderte er für sich eine zweite Chance. Bekanntlich ging es in der "Affäre" um Kokain, für die Boulevardpresse aber auch um Bettgeschichten und Prostituierte. Die Öffentlichkeitsarbeit der Berliner Justiz war gelinde gesagt skandalös. Sie verletzte durch den Berliner Justizsprecher die Geheimhaltungspflicht in einem laufenden Verfahren. Abstoßend war die öffentliche Hinrichtung Michel Friedmans durch die Medien. Ständig wurde die Presse mit neuen Erkenntnissen aus einem laufenden Verfahren gefüttert. Der Fehler der Anwälte von Michel Friedman, ein FAX an einem Pizzabäcker zu schicken, machte den Kohl auch nicht mehr fett.

Auffällig war, dass fast niemand die Frage stellte, mit welchen Methoden die Berliner Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen führte. In keiner großen Zeitung wurde die Frage nach dem Überwachungsstaat gestellt. Die Staatsanwaltschaft sicherte Prostituierten Straffreiheit und einen legalen Status zu, wenn sie auspacken. Nirgendwo wurde nachgefragt, warum Prostituierte aus Osteuropa in Deutschland keinen legalen Status haben. Hier liegt doch das Problem, Menschenhandel und die Erpressbarkeit von Prostituierten wird durch die rigorose Ausländerpolitik des deutschen Staates erst ermöglicht. Die Politik der geschlossenen Grenzen sichert Menschenhändlerringen ihre Existenz.

Dadurch sind die Aussagen der mehrfach erpressbaren Frauen durchaus anzuzweifeln. Ihre Beschuldigungen könnten ein Geschäft mit der Staatsanwaltschaft sein, um den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Prostituierte, speziell Frauen die keinen deutschen Pass besitzen, sind erst dann in einem rechtsstaatlichen Verfahren glaubhaft, wenn keine Seite mehr die Frauen unter Druck setzen kann. Das macht eine Politik der offenen Grenzen nötig und eine völlige Legalisierung der Prostitution. Aber auf solche Gedanken kommen die sommerlichen Friedman-Jäger nicht.

Abstoßende Pseudo- Feministinnen

Die TAZ aus Berlin regte sich am 9. Juli fürchterlich über das Privatleben von Michel Friedman auf. Ihm wurde vorgehalten, nicht über seine Betterlebnisse geplaudert zu haben. Statt sich ernsthaft um das Schicksal illegaler Osteuropäischer Prostituierter zu sorgen und deren rechtliche Gleichstellung mit deutschen Staatsbürgerinnen zu fordern, wird auf die angenommenen Sauereien Friedmans eingedroschen. Gesellschaftliche Probleme werden personalisiert, an dem Zustand, dass Frauen illegal ihrem Gewerbe nachgehen müssen, soll sich nichts ändern. Das bundesdeutsche Ausländerrecht verhindert zudem eine andere Tätigkeit der genannten Frauen. Aber das interessiert nicht, interessant ist für den antisemitischen Bodensatz in der deutschen Gesellschaft "wie der Jude sein Sperma los wird".

Wenn dieses Bedürfnis von sogenannten Linksliberalen bedient wird, um so besser. Genüßlich zitieren nazistische Internetseiten wie AlterMedia, Karen Duve, die im Spiegel am 7.7. diesen fragmentierten und inhaltslosen deutschen Feminismus niederschrieb. Auch die Süddeutsche machte sich am Freitag den 11.7 den personalisierten Feminismus von Frau Duve zu eigen. Friedman wird verurteilt, in seinem Bett gewühlt und eine weitere Fernsehkarriere Friedmans ausgeschlossen. Die Absicht dabei ist deutlich, den unerbittlichen, harten, frechen und exzellent vorbereiteten Friedman nie mehr auf der Mattscheibe erleben zu müssen. Nie mehr sollen politische Größen wie Roland Koch, Christian Ströbele oder Frank Steffel ins Schwitzen kommen. Konsens nicht Dissens ist in diesem Land angesagt. Gnadenlos soll dieses Prinzip durchgesetzt werden.

TV-Today ließ eine Umfrage durch das Meinungsforschungsinstitut Forsa durchführen. Ergebnis dieser Umfrage: " Nur 32% der Bundesbürger wollen Friedman eine zweite Chance geben". Besonders Männer über 50 lehnen Friedmans Rückkehr ab. Warum sie das wohl tun, danach fragt die "linksliberale" Presse nicht. Gegenüber solchen Fragestellungen gibt es eine grenzenlose Ignoranz. Ein Massenblatt wie die Bild-Zeitung hatte mehr Gespür und Anstand. Zwar ist dieses Blatt für jede dumme Schlagzeile zu haben, dennoch hatte sie im "Fall Friedman" im Gegensatz zur TAZ bestimmte journalistische Grundregeln eingehalten.

In der Bild wurde Friedman meist als Anwalt und Fernsehmoderator vorgestellt. Die angeblich liberalen und progressiven Blätter betrieben ihre Vorverurteilung Friedmans stets mit dem Hinweis auf den stellvertretenden Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland. Zudem hat die Bild in Sachen Friedman nicht die gnadenlose Härte der linksliberalen Pseudofeministen. Einig ist sich die Bild mit dem Spiegel und dem Focus, dass das Problem mit den Menschenhändlerringen und der illegalen Prostitution nicht angegangen werden soll. Denn am Ausländerrecht und am Status von Prostituierten soll sich nichts ändern. Einig sind sich Bild, FAZ und TAZ auch in der Feststellung, dass der deutsche Urlauber  "Bella Italia" liebt. Das Schicksal von Emigranten ist im Massenbewußtsein in beiden Ländern relativ belanglos.

hagalil.com 14-07-03

 


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