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Querfront:
ein virtueller Angriff auf die Linke ?

Am Ende der Weimarer Republik versuchte die Kapitalfraktion "Neue Industrie" (Chemie und Elektrobranche, Deutsche Bank) durch Bildung einer "Querfront" ihren Hegemonieanspruch gegenüber der reaktionären Schwerindustrie und dem Junkertum politisch durchzusetzen. Der Versuch des General von Schleicher, die öffentliche Legitimation dafür durch die Bildung eines Querfront-Kabinetts einzuholen, scheiterte an der Stärke der Schwerindustrie, für die sich von Papen und auf Seiten der Nationalsozialisten besonders Hermann Göring stark gemacht hatten...

Raimund Hethey

Schleicher hatte bereits den Vorsitzenden des "Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes" (ADGB) Theodor Leipart und den Nationalsozialisten Gregor Strasser für sein Vorhaben gewonnen. Der Kampf beider Kapitalfraktionen hatte bis in die NSDAP hineingewirkt und Spaltungsprozesse ausgelöst, deren Ergebnis die Entmachtung des Strasserflügels und die Stärkung der SA war, die für die Zerschlagung demokratischer Strukturen bis 1934 unentbehrlich schien.
Heute werden alle Versuche, über ideologische Grenzen hinweg "Bündniskonstellationen" zu schaffen als "Querfront" geoutet - ohne Bezug auf einen ökonomischen Hintergrund. Der Begriff der "Querfront" wird dazu benutzt, um der Beobachtung einen Ausdruck zu verleihen, dass vermeintliche (Ex-)Linke mit Neo-Nazis und anderen faschistoiden Kräften kooperieren oder dass bekannte Neo-Nazis mit dem Konzept "Querfront" insbesondere Jugendlichen ein Forum anbieten, mit Neo-Nazis ins Gespräch zu kommen. Als Medium dient bevorzugt das Internet, mit dessen Hilfe Kontakte anonym und schnell hergestellt werden können. Eine Organisierung dieser Kräfte konnte bisher nicht festgestellt werden. Mit der ursprünglichen Querfront-Strategie haben aktuelle Versuche nichts zu tun, dafür ist die Linke im Augenblick viel zu schwach. Dennoch muß dieser Vorgang beobachtet und mit aktiver Aufklärungsarbeit bekämpft werden, weil sich im Verlauf der neuen "Friedensbewegung" faschistoide Kräfte verstärkt um Einfluss auf Jugendliche bemühen, um im Kampf um die Köpfe Vorteile für sich zu ziehen.
Das Internetprojekt "Querfront" richtet sich gezielt an Anarchisten und Punks. Auf der Homepage werden SurferInnen mit einem umgedichteten Zitat von Ton-Steine-Scherben begrüßt: "Die letzte Schlacht verlieren wir". Neben der Verhohnepipelung der linken Kultband, deren Songs auch schon auf Nazi-Aufmärschen gespielt wurden, steht die Selbstdarstellung des Projekts "Querfront", in der die SurferInnen dazu animiert werden, sich nicht von politischen "Ritualen anöden" zu lassen und sich keinen "Denkverboten, Feindbildern und Gruppenzwängen" zu fügen.
Neben dokumentierten Aufrufen aus dem Antifa- Spektrum, von Bauwagenplätze- Verteidigern und aus anderen eher links besetzten Politikfeldern [vermutlich ohne Erlaubnis und Wissen der VerfasserInnen] werden immer wieder Texte aus einem faschistoiden Umfeld ins Netz gestellt. Darunter vorzugsweise Beiträge und Produkte aus dem "Bublies-Verlag" und seinem Hausmagazin "Wir Selbst". Von dort scheint auch das Muster übernommen worden zu sein, Zitate bekannter Linker und Nazi-Sprüche bspw. von Göring, Ley oder auch aus dem NPD-Blatt "Deutsche Stimme" in Kästchenformat nacheinander zu stellen. Dass Bertolt Brecht dort falsch geschrieben wird, weist auf die Stümperhaftigkeit der Homepagebetreiber hin, die sich hinter dem Vereinsnamen "Bunte Hunde e.V." verstecken.
Richtungsweisend sind die Beiträge einschlägiger Verfasser: Henning Eichberg, Marc Schenke und Alfred Mechtersheimer dürfen auf einer "Querfront-Seite" nicht fehlen, war doch ihr politisches Handeln immer davon geleitet, ihre faschistoide Gesinnung hinter sozialdemagogischen und dem linksalternativen Mainstream angepassten Floskeln zu verstecken. Der permanente Bezug auf Punk-Texte auf der Homepage lässt sich mit dem eifrigen Engagement von Erik Vogel, einem Anhänger der "Anarchistischen Pogopartei Deutschlands" (APPD) bei "Querfront" erklären. Das Engagement teilt Vogel mit seinem langjährigen Partei-Vorsitzenden Karl Nagel aus Hamburg, der sich am Ende seiner Punk-Karriere mit Neo-Nazis gemein tat. Als Verfasser von Texten bei "Querfront" taucht auch Peter Töpfer auf, der als Herausgeber der Zeitschrift "Sleipnir" und selbst ernannter Nationalanarchist bekannt geworden ist. Bei "Sleipnir" und auf der Homepage "Nationale Anarchisten" fanden Holocaust-Leugner im Namen der Meinungsfreiheit Unterstützung.
Den nach außen hin vertraulich erscheinenden Briefverkehr zwischen Christian Worch und ihm stellte Töpfer ins Netz, um Gemeinsamkeiten zwischen Anarchisten und Nationalsozialisten zu suggerieren. Ebenfalls in einem Briefverkehr forderte ein Vertreter des Anarcho-Magazins "Schwarzer Faden" Töpfer dazu auf, das Etikette "Anarchist" nicht länger zu mißbrauchen. Ein solches gerechtfertigtes Ansinnen interessiert Töpfer nicht, er hält an seinem Paradoxon mit der Absicht fest, das anarchistische Gedankengut um seine völkisch-nationalistische Variante zu erweitern und das Politikfeld "Anarchie" mit seinen faschistoiden Ideen zu besetzen. Gegen solch politisches Unterfangen ist schwer anzukämpfen. Allein der Verweis auf die betrügerischen Absichten reicht nicht aus. Niemand kann den Nationalsozialisten Thomas Brehl mit seinem "Kampfbund deutscher Sozialisten" (KDS) daran hindern, sein Publikationsorgan nach der bedeutsamsten antifaschistischen Zeitschrift, die zur Aufdeckung der Reichstagsbrand- Lüge der Nazis 1933 Entscheidendes beigetragen hat, den "Gegen-Angriff" zu benennen und ins Netz zu stellen.
Neben Brehl gilt der ehemalige KPDler, Michael Koth als Mitbegründer des KDS. Koth ist nur einer aus der Riege der Renegaten. Einige 68er sind diesen Weg gegangen, manche aus Enttäuschung darüber, dass das revolutionäre Subjekt, "der Arbeiter", keine Revolution vom Zaume gebrochen hat, andere, weil sie sich aus Gründen der Opportunität ein linkes Profil gaben. Langhans, Mahler, Maschke, Oberlercher, Olles sind die am häufigsten genannten Namen. Sie haben inzwischen Aufgaben als Ideologieproduzenten der Neo-Nazis wahrgenommen. Ideologischer Ausgangspunkt der "Querfront"-Internetseiten ist das Konstrukt der "Nation". Nationalisierung bildet für die faschistoiden Zirkel das zentrale Ordnungsprinzip der menschlichen Gesellschaft mit dem Ziel der Etablierung ihrer eigenen Herrschaft über andere. Der Versuch des Einbruchs in das linke Milieu wird von dem Bemühen begleitet, die Geschichte der Emanzipation umzuschreiben, deren Kennzeichen die Auflösung von autoritären Herrschaftsstrukturen unzweifelhaft ein Erfolg der 68er war. Eine Hochburg emanzipatorischer Ideenproduktion war die Freie Universität in Berlin, auf ihre damaligen StudentInnen bezogen. Bemerkenswerterweise sind dort heute Kräfte am Werk, die eifrig am Aufbau einer "Querfrontstrategie" basteln. Gemeint sind die Projekte "Kalaschnikow", der dazugehörige "Philosophische Salon", die Domain "rbi-aktuell" sowie das Berliner Jugendradio- Projekt "Wellenreiter", in denen Martin Mueller Mertens federführend tätig ist.

www.der-rechte-rand.de
Der Rechte Rand (Nr.82 - Mai/Juni 2003)

Internetversion - Abweichungen von der Printausgabe sind möglich!

In diesem Artikel wurde irrtümlich behauptet, Peter Töpfer sei wegen Volksverhetzung rechtskräftig verurteilt worden. Diese Behauptung ist falsch und wurde daher entfernt.

kt / hagalil.com / 2003-06-05

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