Horst Mahler:
Fernleitverstahlt
Verschwörungen und Horst Mahler...
Stefan Wirner
»Ja, ja, setz dich hierhin, hier ist für den bin-Laden-Fanclub reserviert«,
scherzte ein junger Mann und bot mir einen der letzten freien Sitzplätze an. Man
glaubte sich unter seinesgleichen am Montag der vorigen Woche in der
Humboldt-Universität. Unter dem Motto: »Der inszenierte Terrorismus« hatte der
ehemalige Grüne Ronald Thoden u.a. die Journalisten Ekkehard Sieker, Mathias
Bröckers, Gerhard Wisniewski, Eckart Spoo und den früheren Staatsminister
Andreas von Bülow auf das Podium geladen.
Deren Theorien zu den Geschehnissen des 11. September 2001 lassen sich in etwa
so zusammenfassen: In den Flugzeugen, die ins World Trade Center, auf das
Pentagon und auf eine Wiese in Pennsylvania stürzten, saßen keine 19
Terroristen. Die Flugzeuge wurden per Fernleitstrahl gegen unbemannte
Flugobjekte ausgetauscht. Ins Pentagon flog überhaupt kein Flugzeug, und das
vierte in Pennsylvanja gab es gar nicht. Die USA hätten all das inszeniert, um
Afghanistan überfallen und die Welt beherrschen zu können. (Jungle World, 27/03)
Die Organisation al-Qaida existiert gar nicht, sie wurde aber von der CIA und
vom Mossad aufgebaut.
Nur dass die Passagiere der umgeleiteten Flugzeuge im Eis des Nordpols
tiefgefroren wurden, um sie später zu Fischstäbchen zu verarbeiten, wurde nicht
behauptet.
Was an diesem Abend vorgetragen wurde, war derart fernleitverstrahlt, dass man
daran seine Freude hätte haben können, wenn man nicht gespürt hätte, wie sehr im
Publikum der Wunsch vorherrschte, dass alles so sei, wie es behauptet wurde. Die
Zuhörer hingen an den Lippen der Enthüller und träumten von einer Welt, in der
die USA und der Mossad endlich offiziell für alles verantwortlich gemacht
würden, was an Bösem geschieht. Von einer Welt, die sich so einig ist, dass der
Rechtsextremist Horst Mahler, der in der Pause auftauchte, im Publikum nicht
stört, sondern die Antifa, die skandiert: »Nazis raus!«
Einem aufgeregten Mann, der Mahlers Anwesenheit nicht hinnehmen wollte, wurde
zugerufen: »Von welchem Geheimdienst kommst du denn?« Wo immer diese schöne neue
Welt bedroht ist, steckt ein Geheimdienst dahinter. Andreas von Bülow
spekulierte über Mahler: »Von wem werden denn diese Leute geschickt?« Von wegen
NPD, BND, V-Leute und so. Und als der aufgeregte Mann sich noch einmal zu Wort
meldete, rief der ganze Saal im Chor: »Ruhe! Ruhe! Ruhe!«
Mahler erklärte kürzlich in einem Brief an das Simon Wiesenthal Center allen
»jüdischen Frontorganisationen gegen die Völker der Welt« den Krieg. »Der
Judaismus wird auf private Feiern beschränkt sein, weil er ein mörderischer und
erniedrigender Kult ist. Dies sind die deutschen Ziele für den Heiligen Krieg,
der vor uns liegt.« In einem Text mit dem Titel: »Sie haben es gewusst!«
schreibt er: »Das judäo-amerikanische Imperium braucht den Dritten Weltkrieg (…)
Die Schwäche der Völker besteht darin, dass die gar nicht so schlecht von
jemandem denken können, wie die Ostküste handelt.«
Es reicht nicht zu sagen, die Verschwörungstheoretiker sollten bedenken, welche
Leute sie mit ihren Theorien anziehen. Horst Mahler saß nur auf dem falschen
Platz. Seine Thesen hätten auch gut zu denen des Podiums gepasst.
www.jungle-world.com
Jungle World (Nummer 29 vom 09.07.2003)
kt /
hagalil.com
/ 2003-07-10
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