Er ist ein ganz anderer Typ als sein Vorgänger. Unberechenbarkeiten wie die
von Ronald Schill sind von Dirk Nockemann, dem neuen Hamburger Innensenator,
kaum zu erwarten. Sonst aber wird sich an der Innenpolitik in der Hansestadt
nicht viel ändern. Daran, dass mit aller Härte abgeschoben wird und der
Spielraum der Polizei bis an die Grenze der Legalität ausgeweitet wird, werden
sich die Hamburger auch unter dem Innensenator Nockemann gewöhnen müssen.
Nockemann hat einen offenen und direkten Führungsstil angekündigt. Er sei
auch für Kritik empfänglich, sagte der 45-Jährige bei seiner Vorstellung - ein
deutlicher Seitenhieb auf das ehemalige Leitungsduo der Behörde, Ronald Schill
und Staatsrat Walter Wellinghausen. Nockemann muss wissen, wie es in der Behörde
zugegangen ist: Als bisheriger Büroleiter seines Vorgängers war er an allen
Entscheidungen beteiligt.
Hervorgetan hat sich der Jurist, der zuvor neun Jahre lang das Landesamt für
Asyl- und Flüchtlingsangelegenheiten in Mecklenburg-Vorpommern geleitet hat,
bisher wenig. Im persönlichen Auftreten wirkt er bestimmt, aber farblos. Ihm
fehlt die mediale Strahlkraft, die von seinem Vorgänger ausgegangen ist. Lange
Zeit hat sich Nockemann vielmehr als Erfüllungsgehilfe des Innensenators in der
Hamburger Bürgerschaft verstanden, in der er als stellvertretender Fraktionschef
der Schill-Partei saß. Diese Verquickung von Bürgerschaftsmandat und
Büroleiterfunktion ließ denn auch vor zwei Jahren das Wort vom "Schillz"
aufkommen.
Am Rednerpult des Parlaments hat sich Schills Nachfolger bereits den Ruf
eines rechten Scharfmachers erarbeitet. Dem grünen Abgeordneten Manfred Mahr,
Mitglied der Kritischen Polizisten, empfahl er, den Job zu wechseln, weil dieser
offenbar "den Beruf des Polizisten hasst". Als Schill im August 2002 seine
ausländerfeindliche Rede im Bundestag hielt, sprang Nockemann für ihn in die
Bresche: Zuwanderer seien "Brückenköpfe fremder Kulturen, gegen die wir unsere
Kultur verteidigen müssen", stellte der designierte Senator damals fest. Die
Folterdrohung der Frankfurter Polizei gegenüber dem Entführer von Jakob von
Metzler hielt er für "aus menschlicher Sicht völlig verständlich". Und als sich
der Innenausschuss der Bürgerschaft im März damit befasste, dass Polizisten eine
Schülerdemonstration gegen den Irakkrieg zusammengeprügelt hatten, sorgte
Nockemann dafür, dass alle Zuschauerstühle mit Schill-Fans und Claqueuren
besetzt wurden. Die SPD hat alle diese Fehlleistungen genüsslich in einer
Pressemitteilung zur Berufung Nockemannns aufgeführt und spricht denn auch von
einer "schlechten Wahl".
Zuletzt war das Verhältnis Nockemanns zu seinem Dienstherrn und Parteichef
Schill allerdings schwer belastet. Nockemann hatte mehrfach versucht, Schill von
seinen Ausbrüchen in der Öffentlichkeit abzubringen. Als Schill in dieser Woche
entlassen wurde und seine Fraktion ihn daraufhin sofort fallen ließ, soll er
getobt haben, Nockemann habe ihn verraten.
Eine Kontinuität bleibt auf jeden Fall gewahrt. Nach dem bisherigen
Innenstaatsrat Walter Wellinghausen gehört mit Nockemann erneut ein früheres
SPD-Mitglied der Behördenleitung an. Der Neue war allerdings nur bei den Jusos.