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Antisemitismus:
Hohmanns Bettlektüre

Johannes Rogalla von Bieberstein ist Bibliothekar und schreibt auch Bücher. Auf eines bezog sich Martin Hohmann in seiner antisemitischen Rede...

Mario A. Sarcletti

Für Juliane Wetzel handelt es sich um »klassisch antisemitische Literatur«. Das Buch bediene sich der »Weltverschwörungstheorien, die wir in der antisemitischen Propaganda immer wieder finden«, sagte die Mitarbeiterin am Institut für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin der Online-Redaktion der »Tagesschau«. An der Universität Bielefeld macht das Buch »Jüdischer Bolschewismus – Mythos und Realität« von Johannes Rogalla von Bieberstein gerade Furore.

»Wenn es wahr ist, dass solche Thesen in diesem Buch vertreten werden, dann ist es nicht tragbar, dass Rogalla von Bieberstein in der Bibliothek den Fachbereich Soziologie leitet«, sagt Phillippe Wagner, der Referent für Hochschulpolitik des Asta. Bieberstein ist in der dortigen Bibliothek für die Beschaffung in den Bereichen Soziologie und Politikwissenschaften zuständig. Das genannte Buch erschien im Jahr 2002, der extrem rechte Historiker Ernst Nolte schrieb das Vorwort.

Bieberstein geht darin der These nach, dass der Mythos des »jüdischen Bolschewismus« einen realen Kern habe. »So findet und erfindet er jede Menge Bande, die zwischen Juden und dem Bolschewismus bestanden hätten«, beschreibt die Antifa-AG der Universität, die sich mit dem Werk befasst hat, das Vorgehen des Historikers. »Damit rechnet Bieberstein den ›jüdischen Bolschewisten‹ eine kausale Mitverantwortung für das Entstehen eines radikalisierten Antisemitismus nach 1918 zu, in dem er die Reaktion ›der christlich-bürgerlichen Welt‹ auf eine ›tatsächliche Herausforderung‹ erblickt.« An einer Stelle des Buches heißt es: »Die Parteinahme einer bedeutsamen Fraktion der Judenheit für Sozialismus und Kommunismus hat unzählige Christen und Bürgerliche (…) in aller Welt alarmiert und antijüdisch reagieren lassen.« Andernorts klagt Bieberstein, man dürfe der »deutschen Jugend nicht über Generationen ›die Last von Auschwitz‹« aufbürden.

Das Werk trifft in rechten Kreisen auf große Zustimmung. So verdiene »das ausgezeichnete Buch« nach Meinung des Ostpreußenblatts »weiteste Verbreitung«. Das Buch ist u.a. beim Deutschen Buchdienst Gerhard Freys neben CDs des rechtsextremen Liedermachers Frank Rennicke erhältlich.

Die rechtsextreme Wochenzeitung Junge Freiheit lobt es als »wegweisenden Beitrag«. Einer der Autoren des Blattes, Hans-Helmuth Knütter, schreibt im Internet über das Buch: »Es ist ein verdienstvoller Tabubrecher, geeignet, auch die etablierten Historiker zu zwingen, sich mit dem vernachlässigten Thema zu befassen.« Die Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft, die sich vor allem dem Kampf gegen die Wehrmachtsausstellung widmet, sagt zu dem Buch: »Die Vergleichbarkeit der Haltung vieler Juden in Bezug auf Bolschewismus mit der Haltung vieler Deutscher zum Nationalsozialismus liegt auf der Hand.«

Erschienen ist »Jüdischer Bolschewismus« in der Edition Antaios. Sie beschreibt das Werk auf ihrer Internetseite so: »Und weil der durch jüdische Führer geprägte Kommunismus zu einer terroristischen Diktatur ausartete«, sei er »einer der Wege, die in den tödlichen Antisemitismus des vergangenen Jahrhunderts führen«. Die Edition ist ein wichtiger Verlag der so genannten neuen Rechten. Sie gibt unter anderem eine Schriftenreihe zu Ernst Jünger heraus, auch dessen ehemaliger Privatsekretär Armin Mohler war einer der Autoren des Verlags. Der kürzlich verstorbene Mohler bezeichnete sich selbst als Faschist.

Ein weiterer Autor des Verlages ist Karlheinz Weißmann, nach dem Informationsdienst gegen Rechtsextremismus einer der führenden Strategen der neuen Rechten. Als solcher moderierte er 1998 die Bogenhausener Gespräche zum Thema »Facetten der Konservativen Revolution«. Sie wurden von der Münchner Burschenschaft Danubia veranstaltet, die im Jahr 2001 bekannt wurde, als sie einen rechtsextremen Schläger nach einem Überfall auf einen Griechen in ihrem Haus versteckte.

Bieberstein bestreitet aber, dass sein Buch antisemitisch sei. »Die Unterstellung, dass Hohmann und ich ein ›rassistisches Judenverständnis‹ hätten, geht ins Leere«, schrieb er an die Frankfurter Rundschau. »Sie ist wohl darin begründet, dass viele Linke kein Verhältnis zur Heiligen Schrift haben«, vermutete der Bibliothekar weiter. Und wie würde er wohl das andere Buch verteidigen, das er geschrieben hat und das den Titel trägt: »Die These von der Verschwörung 1776–1945. Philosophen, Freimaurer, Juden, Liberale und Sozialisten als Verschwörer gegen die Sozialordnung«?

An der Universität ist Bieberstein Fachreferent für die Bereiche Soziologie, Frauenforschung und das Zentrum für Interdiziplinäre Forschung. »Seine Aufgabe ist es, im Einvernehmen mit der Fakultät Bücher zu bestellen«, beschreibt Jost Adam, der stellvertretende Direktor der Uni-Bibliothek, die Tätigkeit eines Fachreferenten. »Es ist aber nicht so, dass Bieberstein die Regale vollstellt mit Büchern, die man am liebsten nicht in die Hand nehmen würde«, begegnet er Bedenken, dass der Bibliothekar rechte Literatur einkaufe. Das in der Universitätsbibliothek vorhandene Exemplar von »Jüdischer Bolschewismus« habe nicht Rogalla von Bieberstein angeschafft. »Er hat der Bibliothek ein Autorenexemplar geschenkt und der Fachbereich Geschichte hat es in den Bestand aufgenommen«, erklärt Adam.

Das Rektorat der Universität teilte mit: »Eine Überprüfung hat ergeben, dass der Text keine Passagen enthält, die ein dienstrechtliches Vorgehen gegen den Verfasser geboten erscheinen lassen.« Schließlich sei Biebersteins Buch »Resultat privater Aktivitäten, die nichts mit seinen Dienstaufgaben zu tun haben«.

Dagegen glaubt die Antifa-AG, dass Bieberstein nicht der richtige Mann sei, um Literatur für Soziologen und Politikwissenschaftler anzuschaffen. »Wir halten die wissenschaftliche Weiterbeschäftigung des Doktor von Bieberstein für eine ernsthafte Gefahr«, heißt es in der Erklärung, in der seine sofortige Entlassung und eine öffentliche Diskussion über das Thema gefordert werden.

Jungle World
Jungle World Nummer 49 vom 26.11.2003

kt / hagalil.com / 2003-11-26

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