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Degussa und das Mahnmal:
Am Holocaust noch einmal verdienen

Thierses Rufschädigung - Nun ist er voll und ganz angekommen, angekommener geht es nicht. Vor fünf Jahren konnte es der damalige Ostler Wolfgang Thierse einfach nicht fassen, das er "als ehemaliger Bürger der überwundenen DDR dieses Amt übertragen bekam". Ein "historisches Datum" sei der Tag, an dem er zum Bundestagspräsidenten gewählt wurde. Seine Wahl - so sprach Thierse damals - sei "mehr als eine Geste"....

Otto Köhler

Nun ist er voll und ganz angekommen, angekommener geht es nicht. Vor
fünf Jahren konnte es der damalige Ostler Wolfgang Thierse einfach
nicht fassen, das er "als ehemaliger Bürger der überwundenen DDR
dieses Amt übertragen bekam". Ein "historisches Datum" sei der Tag,
an dem er zum Bundestagspräsidenten gewählt wurde. Seine Wahl - so
sprach Thierse damals - sei "mehr als eine Geste".

Wolfgang Thierse hat inzwischen das Vertrauen, das in ihn gesetzt
wurde, verdient. Er hat sich nicht nur Begriffe wie "Sozialabbau"
energisch verbeten, er hat vor allem letztes Wochenende alle
Deutschen in Ost und in West ermahnt, dass sie sich "nicht an der
Rufschädigung einer Firma beteiligen, die inzwischen internationales
Ansehen hat". Dieses Unternehmen sei "nicht mehr dasselbe wie vor 60
Jahren". Die "Firma" heißt Degussa, und damit hat er alles gesagt,
was das Ausland über uns wissen muss und sich manchmal verzweifelt
bemüht, nicht zur Kenntnis nehmen zu müssen.

Degussa ist eine Abkürzung für die "Deutsche Gold- und
Silber-Scheideanstalt", so hieß sie auch schon, als sie das Gold aus
den Zähnen der in Auschwitz vernichteten Juden schied und zu
Goldbarren verarbeitete. Manchmal hingen an den Zähnen und Plomben
noch blutige Teile des Kiefers. Die Degussa war auch eine der Mütter
von Degesch, der "Deutschen Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung",
die das Zyklon B lieferte. Solange Zyklon B nur zur Tötung von Ratten
benutzt wurde, enthielt es einen warnenden Duftstoff, als man es zur
Vernichtung der Juden brauchte, entfernte die Degussa-Tochter den
Warngeruch.

Und jetzt liefert Degussa den geruchlosen Graffitischutz für das
Holocaust-Mahnmal, das auf Beschluss des Bundestages errichtet wird.
Dessen Präsident Thierse ist zugleich Präsident des Kuratoriums der
Stiftung Holocaust-Mahnmal. Als dort bekannt wurde, dass Degussa
Zulieferer für das Denkmal ist und somit ein zweites Mal an der
Vernichtung der Juden verdient, setzte sich Thierse für den Konzern
ein, der doch seine Zwangsarbeiter entschädigt und seine
Vergangenheit bewältigt habe. Doch der Präsident wurde überstimmt,
die Produktion der von Degussa graffitigeschützten Stelen ausgesetzt.
Manchen Kuratoriumsmitgliedern bereitet es Probleme, dass die
Zyklon-B-Mutter heute den Graffitischutz liefert, obwohl doch der
Preis - auch ein Zeichen der Degussa- Vergangenheitsbewältigung? -
sehr günstig sein soll.

Wir sollen jetzt nicht die "Moralkeule der politischen Correctness"
schwingen, von der einst Martin Walser sprach, ermahnt uns nicht nur
die Frankfurter Neue Presse. Springers Welt verwahrt sich, in der
Auseinandersetzung seien "Ressentiments gegen die freie
Marktwirtschaft" deutlich geworden. Die Firma Degussa gehöre
schließlich dank ihrer "ständig expandierenden Edelmetallscheiderei"
zu den Frankfurter Firmen, die Deutschland zum "Modell der Moderne"
machten.

Neben Degussa waren auch die IG Farben an der Zyklon-B-Lieferantin
Degesch beteiligt, die übrigens nach 1945 länger bestand als die DDR
mit ihrem "verordneten" Antifaschismus. Am Sonntagmorgen sah ich auf
3sat einen Film über Franz Lehar und seinen Librettisten Fritz
Löhner-Beda. Der sei - auch weil sich Franz Lehar bei seinem Förderer
Adolf Hitler nicht für den jüdischen Librettisten verwandte - am 4.
Dezember 1942 von einem SS-Mann in Auschwitz totgeschlagen worden.
Das ist nahezu korrekt. Aber die Vorgeschichte, das "Projekt der
Moderne" betreffend, fehlte - mutmaßlich um keine Ressentiments gegen
die freie Marktwirtschaft zu wecken. An diesem 4. Dezember 1942
besichtigten fünf Führungskräfte der IG Farben - vom
Aufsichtsratsvorsitzenden Carl Krauch bis zum späteren Flick &
Kohl-Berater Otto Ambros - ihr Musterwerk im Osten, die IG Auschwitz.
Da kam ihnen Löhner-Beda über den Weg. "Der Jude dort könnte auch
etwas rascher arbeiten", vermerkte einer der IGFührer. Daraufhin
wurde er am Abend auf Anweisung der SS von einem Kapo totgeschlagen.
Nachzulesen in Günter Schwarbergs Löhner-Beda-Biographie (Dein ist
mein ganzes Herz), die in diesem Film nicht erwähnt wurde. Und wenn
Löhner-Beda damals einen Goldzahn oder eine Goldplombe hatte, die
Degussa schmolz alles ein.

Wolfgang Thierse, der uns aufruft, den Ruf der Deutschen Gold- und
Silberscheideanstalt nicht zu schädigen, ist ein Mann, der den Ruf
unseres Volk vorzüglich repräsentiert.

Der Freitag
Der Freitag vom 31.10.2003

kt / hagalil.com / 2003-11-06

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