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Wehrmachtsausstellung:
Sieg für Opi und Vati

Die rechte Szene im Norden ist zufrieden. Denn die Kampagne gegen die Wehrmachtsausstellung in Hamburg war erfolgreich...

Andreas Speit

Bis zur letzten Minute« wollen die Neonazis in Hamburg »gegen die Schandausstellung« demonstrieren. Für den 27. März plant das Aktionsbüro Norddeutschland einen Aufmarsch als Abschluss ihrer Kampagne für den »Ehrenschutz von Wehrmacht und Waffen-SS«. Einen Tag später schließt die Ausstellung »Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskriegs 1941–1944« des Hamburger Instituts für Sozialforschung um Jan Philipp Reemtsma. Mehr als 40 000 Besucher in über 40 Städten hatte sie in den vergangenen Jahren angezogen.

Erneut lehnte die Hamburger Versammlungsbehörde die von den Neonazis gewünschte Route des Aufmarsches ab. Kein Grund zur Enttäuschung für die Söhne und Enkel, in deren Sicht »Vati und Opa« vollauf »in Ordnung und keine Verbrecher« waren. Denn wieder können die Neonazis ihren »Unmut über die Soldatenverleugnung« in der Nähe des Kulturzentrums in der Jarrestadt kundtun.

Bereits bei der Eröffnung der Ausstellung durften die Neonazis vor der »roten und multikulturell gesinnten Einrichtung« auftreten. An die 1 200 Neonazis aus dem Netzwerk der Freien Kameradschaften kamen am 31. Januar diesen Jahres zu dem Marsch. Während die Neonazis, angeführt von Thorsten Heise und Thomas Wulff, relativ ungestört von der Polizei die eigentlich per Auflage verbotene Parole »Ruhm und Ehre der Waffen-SS« skandierten, lösten die Einsatzkräfte die Gegendemonstration gewaltsam auf. Viele Schneebälle und vereinzelte Steine, die aus der über 5 000 Menschen zählenden Demonstration unter dem Motto »Deutsche Täter sind keine Opfer« geworfen wurden, genügten der Einsatzleitung, um mit Wasserwerfern und Schlagstöcken gegen die Linken vorzugehen.

Inzwischen hat die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) Strafantrag gegen den Neonazi Wulff wegen Volksverhetzung gestellt. Wegen »Strafvereitelung im Amt« zeigte die VVN-BdA zudem Hamburgs ehemaligen Innensenator Dirk Nockemann von der früheren Schill-Partei an, da er die Versammlung der Neonazis nicht habe auflösen lassen. »Mit der Strafanzeige verbinden wir die Absicht, die Voraussetzungen für ein Verbot des kommenden Naziaufmarsches zu schaffen«, sagt die Sprecherin des VVN-BdA, Cornelia Kerth. Aber keine der Gruppen des Gegenbündnisses verlässt sich auf die Justiz. Eine Gegendemonstration ist längst angemeldet.

»Der gegen Kamerad Thomas Steiner Wulff gestellte Strafantrag« sei juristisch »substanzlos«, vebreitet indes siegessicher das von Tobias Thiessen und Thomas Wulff geleitete Aktionsbüro auf seiner Website. Die Neonazis rechnen nicht mit einem Verbot des Aufmarsches. Dessen Motto klingt selbstbewusst: »Reemtsma lügt - wir haben gesiegt.«

Zwar hat sich der Anmelder des Aufmarsches, Christian Worch, mit Wulff und Thiessen über Fragen der rechten Strategie zerstritten, doch das hindert die norddeutschen Neonaziführer nicht daran, zusammen zu marschieren. Das Aktionsbüro sucht auch nicht mehr den offenen Disput über den von Worch vorangetrieben »Demotourismus«. Stattdessen weiten die Kameraden um Thiessen und Wulff die von ihnen präferierten Aktivitäten an der Basis aus.

»Vor und während des Ausstellungszeitraums« böten sich viele »Möglichkeiten, seinen Unmut kundzutun«, riet das Aktionsbüro im Januar. Dem Aufruf folgten in den vergangenen Wochen Taten. Ganz getreu dem Konzept, die Aktivisten an der Basis besser einzubinden, die Aktionen ideologisch vorzubereiten, die regionale Struktur aufzubauen und sich lokal in der Gesellschaft zu verankern, führten die Kameraden verschiedene Aktionen durch.

Offenbar haben sie Spontiaktionen und die Kleinkunst für sich entdeckt. In Hamburgs Innenstadt tauchte ein Neonazi als Weihnachtsmann auf und rief: »Ho, ho, ho - Wer noch an mich glaubt, der glaubt auch Reemtsmas Lügen.« Die Kameraden, die ihn begleiteten, verteilten Flugblätter. Mit Gitarre und Noten trat ein Neonazi-Trio in der Bergedorfer Fußgängerzone als »Straßenmusiker« auf und sang bekannte Soldatenlieder und Lieder des Neonazibarden Frank Rennicke über das ewige Heimatland und den tapferen Landser. Sie führten auch ein Straßentheater in der Fußgängerzone auf, mit dem sie auf die »vielen nachweislich gefälschten Bilder in der Schandausstellung« hinweisen wollten.

In der Wandsbeker Einkaufsstraße liefen sie mit Esels- und Schafsmasken und Umhängeschildern herum, auf denen zu lesen war: »Ich Esel glaub noch immer, dass alle Wehrmachtssoldaten Verbrecher waren.« Diese Aktion erinnert an eine des verstorbenen Neonazianführers Michael Kühnen. Seine Gesinnungsfreude trugen im Jahre 1978 auch Eselsmasken, nur der Slogan lautete anders: »Ich Esel glaub noch, dass in deutschen KZs Juden vergast wurden.« Kühnen und auch Worch wurden später u.a. wegen dieses Auftritts in Hamburg zu Haftstrafen verurteilt.

Am 21. Februar dieses Jahres »besuchten« dann 40 Neonazis den Vortrag »Soldaten der Wehrmacht im Vernichtungskrieg« im Institut für Sozialforschung. Kaum hatte der Historiker Christoph Rass vor den insgesamt 70 Gästen zu reden begonnen, entrollten die Neonazis ein Transparent mit der Aufschrift: »Reemtsma lügt - Wahrheit siegt.« Sie riefen: »Alles Lüge« und bestimmten die anschließende Diskussion mit Anmerkungen wie: »Warum haben sie nicht von Dresden geredet?« Als der Moderator die Veranstaltung schließlich abbrach, skandierten sie »Ruhm und Ehre der Waffen-SS« und warfen Konfetti.

Ein voller Erfolg sei der Auftritt am »Ort der Schande« gewesen, verbreitete das Aktionsbüro später. Die Aktion, stinkende Flüssigkeit in die Ausstellung zu kippen, erwähnte es nicht, ebenso wenig wie die Versuche, einzelne Veranstaltungen, wie etwa die von Ralph Giordano, zu stören. Die Kampagne gegen die Ausstellung dürfte die Neonaziszene im Norden nachhaltig festigen. Noch selbstsicherer dürften sie am 27. März auftreten. Allenfalls die Tatsache, dass Worch die »Abschlussdemonstration« verantwortet, könnte einige Kameraden stören. Vielleicht tun das aber auch die Gegenaktionen.

Infos unter: www.hamburg-gegen-nazis.de.vu

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Jungle World Nummer 14 vom 24.03.2004

kt / hagalil.com / 2004-03-24

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