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Judentum und Israel
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Aufstehen! Konzert gegen Rechts
Gegen Naziterror, Rassismus und Antisemitismus!

Reden bei der Schlusskundgebung auf dem Münchner Marienplatz:

Peter Gingold
Bundessprecher VVN/BdA

In der letzten Zeit werde ich öfters gefragt, was überlebende Opfer des Naziregimes, des Widerstandes und des Holocaust, zu denen ich gehöre, empfinden, welche Gefühle ich habe angesichts der erschreckenden Welle von rassistischer Gewalt, Antisemitismus und Neofaschismus. Da sage ich: Überlebt haben wir mit der einzigen Aufgabe: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! Niemand unter uns hätte sich 1945 es vorstellen können, nicht einmal der schlimmste Pessimist. Nach dem, was hinter uns lag, unter unermeßlichen Opfern der Völker der Nazifaschismus zerschmettert, wir knapp und nur mit viel Glück der Nazihölle entronnen, undenkbar, daß jemals wieder aufkommen kann, was zum schändlichsten, blutigsten, entsetzlichsten Abschnitt deutscher Geschichte führte.

Für uns wäre es eine Sache der hoffnungslosen Verzweiflung, würden wir nicht immer wieder Gegenaktionen, wie hier diese heute, erleben. Meist Menschen der jungen Generation, die diese grauenhafte Vergangenheit nicht vergessen, nicht so leben wollen, als hätte es kein Auschwitz gegeben. Die keiner Aufforderung bedürfen, Zivilcourage gegen die Neofaschisten zu zeigen, das tun sie seit eh und je, vor allem, wenn es darum geht, die vom Staat geschützte Zusammenrottung von Neofaschisten zu verhindern. Dafür als Linksextremisten diffamiert, oft von der Polizei geprügelt, weggeräumt. Ganz überwältigt bin ich, wie viele Organisationen, Personen zu dieser heutigen Demonstration und Kundgebung gegen Naziterror, Rassismus und Antisemitismus aufgerufen haben. All das gibt uns doch viel Hoffnung. Darum seid herzlich gegrüßt!

Seit Jahren, seit Jahrzehnten, voran die VVN, warnen, alarmieren, wie einsame Rufer in der Wüste, vor dem nun Politiker und Medien aufgeschreckt sind, als käme es plötzlich aus heiterem Himmel?!

Nun, harte Maßnahmen, sofort Null-Toleranz, Zivilcourage, Gesicht zeigen ist gefordert. Ich träume, sogar von Beckstein und Stoiber wird NPD-Verbot gefordert! Aber ich wette Tausend zu Eins: Wäre das nicht in Düsseldorf passiert, hätte die Handgranate nicht gerade jüdische Menschen getroffen, noch dazu in einer Metropole in Westdeutschland, wo große ausländische Unternehmen ihren Sitz haben, wäre es „nur“ in Ostdeutschland passiert, wo angeblich aus 40 Jahren verordneter Antifaschismus der Rechtsextremismus hervorsprießt, wäre Rechtsextremismus noch heute nicht zum öffentlichen Thema geworden.

Das ist das Problem, nicht die rassistischen Gewalttäter, die „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“ völkisch rülpsenden, grölenden, glatzköpfigen Brüllaffen in Springerstiefeln. Die wird es solange geben, solange der Schoß fruchtbar noch ist, aus dem das kroch. Solange gesellschaftliche Verhältnisse bestehen, die sie immer wieder hervorbringen. Die machen mir weniger Angst und Bange, viel mehr die ohne Springerstiefel, ohne ausgestreckten Arm und Reichskriegsflagge, die mit Schlips, aus der Mitte der Gesellschaft, das Klima schaffen, in dem sich der Rechtsextremismus ganz wohlfühlen kann. „Ausländer raus“ ist längst Regierungspolitik, wenn ich an die Asyldebatte denke, das Benzin für die Brandsätze auf die Asylheime!

Die erbarmungslose Abschiebepraxis. Stichworte: Überbelastung durch Flüchtlinge, volles Boot, Ausländerkriminalität, Ausländer, die uns nützen und die uns ausnützen. Und auch wie man mit Ausländerhaßkampagnen Ministerpräsident werden kann, so in Hessen, wo ich herkomme.

Der schändliche, entwürdigende Umgang mit ehemaligen Zwangsarbeitern, 10 Jahre Holocaustdenkmal-Diskussion, Martin Walser, der nichts mehr von Auschwitz hören will, darauf stehende Ovationen der höchsten Würdenträger der Bundesrepublik.

Da haben die Neonazis mit rassistischer Gewalt nur das exekutiert, was ihnen an solchen Vorlagen geliefert wird.

Wenn wir heute hier demonstrieren gegen Naziterror, Rassismus, dann, um den Rechtsextremismus zu bekämpfen, da, wo er wirklich herkommt! Für eine Politik, die wirklich Neofaschismus und Rassismus bekämpft! Die ihm keine Nahrung gibt, die seine Wurzeln beseitigt! Die Antifaschismus unterstützt und fördert, ihn nicht behindert und diffamiert! Die Demokratie stärkt und ausbaut, sie nicht einschränkt! Die nicht zuläßt, daß Nazigegner mit Neonazis und Rechtsextremisten gleichgesetzt werden. Jede Gleichsetzung von links und rechts verharmlost die rechte Gewalt, begünstigt den Neonazismus, schwächt den Widerstand!

Eine Politik, die den Neonazis keine Betätigungsfreiheit gibt, das Faschismusverbot achtet, den Artikel 139 im Grundgesetz, auf das sie doch alle vereidigt sind, die Minister, die Justiz, die Polizei! Nach Artikel 139 sind alle neofaschistischen Parteien zu verbieten. NPD, DVU und REP. Faschismusverbot für alle Organisationen und Publikationen. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! Faschismus ist illegal.

Wir müssen in den Köpfen der jungen Menschen unausrottbar einpflanzen, wohin Rassismus in der deutschen Geschichte führte, worauf der Deutsche zu lernen hatte, sogenannt rassisch Anderwertige, Lebensunwerte zu quälen, foltern, versklaven, töten, morden, sich verbrecherisch gegenüber anderen Völkern zu verhalten als natürliches Vorrecht der Eliterasse. Worauf dann eine Nation mit ganz normalen Menschen in der Lage war, 6 Millionen Juden, eine halbe Million Sinti und Roma, Millionen der slawischen Völker zu ermorden, meist sogar ohne Haß, ohne Lust einfach gnadenlos auszutilgen wie Ungeziefer, pflichtgemäß als nationale Aufgabe, auf daß sie vom Erdboden verschwinden.

In den Köpfen der jungen Menschen vor allem unsere Erfahrung einzupflanzen, was es kostete, den Faschismus zu verharmlosen, nicht rechtzeitig zu verhindern, wie es anfing und in einem Meer von Blut und Tränen endete, wie dann alle hohen Werte der deutschen Dichter und Philosophen, des Schönen, Guten, Wahren an Auschwitz zerschellte. Daß meine Elterngeneration es nicht verhindert haben, dafür gibt es nur eine einzige Entschuldigung: Sie konnten nicht diese Erfahrung gemacht haben, was Faschismus bedeutet. Dies gilt nicht mehr für die heutige und alle zukünftigen Generationen. Heute haben wir die Erfahrung, heute muß jeder wissen, was Faschismus bedeutet. Das gehört in die Köpfe der jungen Menschen als wirksamste Blockade gegen das Eindringen vergiftenden nazistischen Gedankengutes!

Zuviel an Not und Tod, an KZ-Qualen, an Verwüstung und Vernichtung, an millionenfachem Mord hat der Faschismus gebracht, sodaß es nichts Wichtigeres geben kann als Aufstehen gegen jede Erscheinung von Rassismus, Antisemitismus, Ausländerfeindlichkeit, Neofaschismus, Militarismus. Die Geschichte gebietet es, diktiert es.

Es ist das Vermächtnis des antifaschistischen Widerstandes, der Gefolterten, Erschossenen, Gehängten, Geköpften, durch Seuchen, Hunger, Spritzen und Gas Ermordeten. Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!

Auf daß meine Enkel und Urenkel, Eure Kinder und Kindeskinder in alle Zukunft sich der Blumen und der Sonne erfreuen können, ohne in Angst leben zu müssen, jemals vom Faschismus und Krieg bedroht zu sein.

hagalil.com 06-10-02


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